Um es direkt zu sagen: nur die sieben-Tage-Inzidenz zu betrachten ist meiner Meinung nach nicht ausreichend. Daher betrachte ich bei meinen Bewertungen des Risikos für den Main-Tauber Kreis auch einige (wenige) andere Faktoren.

Coronavirus SARS-CoV-2
Coronavirus SARS-CoV-2 (Symboldbild: CDC)

In meinen Berichten rund um das Corona-Virus an der Tauber geben ich oft auch Hinweise darauf, wie ich die die Lage einschätze. Eine kurze Begründung steht zwar immer mit dabei. Transparenz ist aber gerade in der Pandemie sehr wichtig, daher hier einmal kurz, wie ich zu meiner Risikoeinschätzung komme.

Ganz wichtig: meine Risikoeinschätzung ist basiert zwar auf Fakten und offiziellen Mitteilungen (insb. des Landratsamts in TBB). Ich bin aber weder Mediziner, noch Virologe noch Epidemiloge. Von daher handelt es sich um die Bewertung eines interessierten und informierten Laien.

Wichtigste Bewertungsfaktoren

Im Wesentlichen verwende ich zwei Faktoren:

  • die sieben-Tage-Inzidenz im Kreis, also wie viele Menschen sich in den letzten sieben Tagen nachweislich neu mit dem Corona-Virus infiziert haben. Hierzu ziehe ich offzielle Zahlen heran.
  • die Verteilung der Fälle auf sogenannte „Cluster“, d.h. miteinander in Beziehung stehende Fälle. Dazu verwende ich die Pressemitteilungen des Main-Tauber Kreises. Wenn man die genau liest, kann man ihnen sehr gute Informationen über die Aufteilung der Cluster entnehmen.

Beide Faktoren sind für mich gleich wichtig und geben zusammen ein gemeinsames Bild. Wenn sich die Infektionen auf wenige, bekannte Cluster nachverfolgen lassen, dann ist, weitgehend unabhängig von der Inzidenz die Pandemie relativ gut unter Kontrolle. Das Gesundheitsamt kann dann die Infektionsketten nachverfolgen und rechtzeitig häusliche Isolierung bzw. Quarantäne anordnen. Selbst bei relativ hohen Inzidenzen, die aber in wenigen Clustern auftreten, ist die allgemeine Gefährdung vergleichsweise gering. Anders herum können relativ niedrige Inzidenzen selbst dann auf ein erhöhtes Risiko hinweisen, wenn sie alle einzeln auftreten und keinen Clustern zuzuordnen sind.

Macht „einen guten Job“: das Landratsamt in Tauberbischofsheim (Foto: Rainer Gerhards)

Unbedingt erwähnt werden muss auch, dass das Gesundheitsamt im Main-Tauber Kreis ausgezeichnete Arbeit leistet: in der Hochphase der Pandemie wirkten die Zahlen kaum verständlich und, man verzeihe es mir, wirkten fast wie geschönt. Betrachtet man die Entwicklung aber über die gesamte Pandiemie-Zeit, dann zeigt sich: das hiesige Gesundheitsamt ist einfach sehr schnell und sehr gut darin, Ausbrüche unter Kontrolle zu bringen. Die Zahlen waren also nicht „geschönt“ sondern einfach nur „schön“. Von daher vertraue ich den Aussagen des Landkreises (auch wenn ich im Detail gelegentlich Kritik an manchen Meldungen äußere).

Weitere Bewertungsfaktoren

Ergänzend und zur Abrundung verwende ich eine Reihe weiterer Faktoren:

  • Anzahl der im Kreis betroffenen Gemeinden – das entspricht teilweise den Clustern; bei extrem niedrigen Fallzahlen steht diese Information nicht zur Verfügung (und wird auch nicht benötigt)
  • Situation insbesondere in Würzburg Stadt – hier bestehen vielfältige Beziehungen durch Arbeit, (Berufs-)Schule, Einkaufen und sonstige private Kontakte
  • erkennbare Meldeverzögerungen – die sind ersichtlich aus den Daten des Landesgesundheitsamtes und des RKI
  • bekannte geplante größere Veranstaltungen im Kreis oder nahen Umfeld – diese erhöhen temporär das Risiko, insb. wenn sie in geschlossenen Räumen statt finden
  • aktueller Wissenstand über Corona und seine Verbreitung – hier verwende ich wissenschaftliche Publikationen. Ändert sich der Wissensstand bedeutend, ändert sich ggf. auch mein Bewertungsschema.

Was ich bewusst nicht verwende

Was ist nicht verwende sind Daten zur Auslastung der Krankenhäuser und Intensivstationen. Der Hauptgrund liegt darin, dass meiner Meinung nach Infektionen vermieden werden sollten. Die Folgen können sehr gravierend sein. Nicht nur der Tod ist das Problem, es gibt auch viele andere schwere Verläufe, selten auch bei Kindern und jungen Menschen. Gerade die Betrachtung der Intensivkapazität ist meiner Meinung nach fast schon zynisch: sehr viele Intensivpatienten versterben, noch mehr haben sehr lange mit der Krankheit zu kämpfen.

Daher betrachte ich die Risikolage im Hinblick auf die Möglichkeit einer Infektion, und nicht im Hinblick darauf, ins Krankenhaus zu müssen. Übrigens gibt es auch bei nicht Hospitalisierten hinreichend Probleme und Langzeitfolgen.

Was ich auch nicht verwende ist die vom RKI publizierte Reproduktionszahl. Sie hat sich meiner Meinung nach zumindest als Zukunftsprognose für ungeeignet erwiesen. Alternativ verwende ich, aber auch nur zum groben Überblick, den täglichen Wachstumsfaktor der auf sieben Tage geglätteten bestätigten Corona-Neuinfektionen.

Ein bisschen Technik zur Datenbewertung

Um die Meldungen von Main-Tauber Kreis, Land und Bund besser bewerten zu können verwende ich seit Monaten eigene Programme, die die offiziellen Daten importieren und aufbereiten können.

Eigene Analysen helfen, die Daten richtig zu interpretieren. Hier z.B. ein Vergleich der Meldeinfektionen nach „Meldestand“ (rot) und „Meldedatum“ (blau). Der Meldestand entspricht dem täglich genannten Wert ohne Zurückdatierungen. Wie man sieht, stellt sich dann der Verlauf etwas unterschiedlich dar – auch mit Auswirkungen auf die Sieben-Tage-Inzidenz. (Grafik: Rainer Gerhards, Daten: RKI)

Dadurch ist es auch möglich, Datenpannen zu erkennen. Solche „Datenpannen“ gibt es leider regelmäßig. Meist fehlen dann an einem Tag Werte, die am Folgetag nachgeliefert werden. Am Folgetag gibt es dann auch oft „große Aufregung“, weil die „Neuinfektionen stark gestiegen sind“ – dabei war es dann lediglich eine falsche Zuordnung. Eigene Analysen helfen hier. Ich erfasse übrigens die Daten des Main-Tauber Kreises täglich manuell, da die Daten von „direkt vor Ort“ den besten Anhaltspunkt liefern. Gleiches gilt für Würzburg, allerdings nur dann, wenn die Risikolage dort den manuellen Aufwand sinnvoll erscheinen lässt.

Sonstiges

Weitere Informationen rund um Covid-19 (Corona, SARS-CoV-2), auch im Main-Tauber Kreis, gibt es auf der Übersichtsseite zu Coronavirus in Großrinderfeld und Main-Tauber Kreis.
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Informationen zu Omikron in Deutschland finden Sie hier.