Weitgehend klar ist: ist eine Schülerin oder eine Schülerin infiziert, dann kann sich das Virus im Klassenraum ausbreiten. Dagegen hilft nur frische Luft. Die kommt entweder „einfach so“ durch’s offene Fenster oder sie wird technisch erzeugt, nämlich mit Luftreinigern. Beides hat Vor- und Nachteile.

Foto eines Luftreinigers mit HEPA Filter
Ein Thema nicht nur in Elternkreisen: Luftreiniger. Hier ein handelsübliches mobiles Gerät. Ganz links sieht man den Aktivkohle-, daneben den Grob- und rechts neben dem Gerät den HEPA-Filter. Mittig im Gerät ist der große Lüfter erkennbar, der die Luft durch die Filter bewegt. (Foto: Rainer Gerhards)

Vorab, weil es eh jeder von einem Gemeinderat wissen möchte: ich persönlich denke, wir sollten versuchen in Großrinderfeld mit Fensterlüftung durch den Winter zu kommen. Und nur notfalls umschwenken, wenn das nicht klappt. Eine Begründung gibt es am Schluss. Nun aber erst einmal zu den Fakten, die Sache ist nämlich nicht ganz so einfach.

Wie kann man überhaupt Lüften?

Bei der Fensterlüftung kommt frische Luft rein, die schlechte „fliegt“ raus (und mit ihr die Viren). Ganz offensichtlich kommt mit der frischen Luft aber auch die Kälte. Und wenn bei voll besetzter Klasse kräftigst gelüftet werden soll, dann kann es auch zum starken Luftzug kommen. Der ist nicht gut. Allerdings: man kann auch mit Kipplüftung arbeiten und die Heizung (energieverschwendend) dagegen arbeiten lassen. Das bringt Luftaustausch und schont die Wärme. Prinzipiell lassen sich bei Fensterlüftung auch sehr schnell große Menge möglicherweise belasteter Luft austauschen (z.B. nach einem Nies-Anfall, Singen [muss das sein?] oder sonstigen lauten Sequenzen). Beim Fensterlüften entweicht auch CO2, was der Konzentration förderlich ist.

Luftreiniger erzeugen die frische Luft indem sie die Raumluft ansaugen, filtrieren (mit einem HEPA-Filter, sonst taugt es nichts!) und dann wieder „rauspusten“. Es ist also Umluftbetrieb, d.h. die Temperatur ändert sich nicht. Die Geräte müssen jedoch sinnvoll in der Klasse aufgestellt sein (das ist nicht immer einfach) und sind außerdem auch nicht ganz leise. Ein zumindest leichter Luftzug kann auch entstehen. Wirklich „frische Luft“ erzeugen sie natürlich nicht – das CO2 bleibt erhalten und kann damit auch wieder kritische bis inakzeptable Werte erreichen. Und, es muss erwähnt werden: die Geräte kosten Geld (aktuell vierstellig pro Klasse) – und sind mittlerweile nicht mehr leicht zu bekommen. Zu guter Letzt müssen die Geräte auch gewartet werden. Für ein einzelnes Gerät ist der Aufwand nicht besonders hoch, bei vielen kommt aber „schon ‚was zusammen“. Nicht ausreichend gewartet lässt die Leistung nach und man wiegt sich in trügerischer Sicherheit!

Eine weitere Option sind Lüftungsanlagen. Die haben wir aber in Großrinderfeld und ein Neueinbau würde viel zu lange dauern. Daher spreche ich hier auch nicht darüber.

Was ist nun der richtige Weg?

Vermutlich nicht, sich nur auf eine allgemeine „Standardlösung“ zu verlassen. Besser ist es, die Situation vor Ort zu beachten und das Beste daraus zu machen. Sinnvoll ist sicherlich eine Lüftungskonzeption, die

  • hinreichenden Schutz vor Coronaviren bietet
  • die Temperatur in „brauchbaren“ Bereichen hält
  • starke Zugluft (in der Menschen sitzen) vermeidet
  • möglichst auch das CO2 reduziert (ein Problem seit vielen Jahren!)
  • in der Praxis umsetzbar ist

Das erfordert meiner Meinung nach eher intelligente Lösungen, die auch nach den Gegebenheiten angepasst werden. Mir erscheint Folgendes sinnvoll:

  • man fängt mit Fensterlüftung an und sucht Konzepte, die möglichst wenig (störende) Zugluft erzeugen
  • starke Fensterlüftung wird durch CO2-Ampeln optimiert, kurz gesagt: man Lüftet genau dann, wenn es wirklich nötig ist – und das so kurz wie nötig
  • die Temperatur im Klassenraum wird im Auge behalten
  • das Lüftungskonzept wird möglichst kontinuierlich beobachtet, ausgewertet und optimiert
  • Luftreiniger werden eingesetzt, sobald das sinnvoll ist

Bei unbeschränkten Mitteln wäre es sicherlich nicht nachteilig, direkt jede Klasse mit Luftreinigern auszustatten. Allerdings muss man auch die eingangs genannten Nachteile bedenken. Besonders die CO2-Belastung und die Frage der Platzierung und Lautstärke der Geräte. Leider sind die Mittel aber nicht unbegrenzt. Von daher ist es vermutlich sinnvoller, beide Möglichkeiten überall da miteinander zu kombinieren, wo das nutzbringend möglich ist. Man bedenke auch: große, stationäre Luftreiniger benötigen Baumaßnahmen. Dafür ist aktuell keine Zeit. Solche „Großlösungen“ scheiden daher wohl von vorneherein aus. Und, ja, das hätte man im Sommer machen können. Dazu gab es aber von den Kultusministern weder das Signal, noch die Geldmittel (die gibt es übrigens auch heute noch nicht).

Warum hoffe ich also, mit Fensterlüftung durch den Winter zu kommen?

Ganz wichtig: die Meinung gilt ausdrücklich NUR für die Grundschule Großrinderfeld. Auch nicht für Nachbargemeinden. Denn nur in Großrinderfeld kenne ich die Schule und die Lehrer. Man sollte die Situation ganz konkret vor Ort bewerten. Und nur zur Sicherheit: ich habe keine Kinder mehr hier in der Schule. Das gehört, finde ich, dazu gesagt.

Grundschule in Großrinderfeld
Nur für hier und nirgends anders gilt meine Meinung: die Grundschule in Großrinderfeld (Foto: Rainer Gerhards)

Hier also meine Gründe:

  • Das Gebäude ist sehr gut zu belüften, und zwar sowohl mit Kipp-, Stoß- und Querlüftung. Starker Luftzug kann nach meinen bisherigen Informationen vermieden werden.
  • Das vom Schulteam erarbeitete Lüftungskonzept klingt für mich stimmig. Disclaimer: ich habe an einem kleinen Teil davon mitgearbeitet (Monitoring der Luftqualität mittels CO2-Ampel)
  • Die bisher durchgeführten Messungen waren sowohl von der Luftqualität als auch Temperatur gut (im Detail haben sich einige leicht zu realisierende Verbesserungsmöglichkeiten gezeigt, ich gehe davon aus, dass sie vorgenommen wurden)
  • Durch die von der Gemeinde bestellten CO2-Ampeln kann auch sehr zielgerichtet gelüftet werden.
  • Beschaffung, Inbetriebnahme, Wartung, Positionierung und gefahrenlose Aufstellung von Luftreinigern erfordert Aufwand und Zeit. Ich vermute, dass sie erst nach den Weihnachtsferien zum Einsatz kommen könnten.
  • Die Lautstärke könnte problematisch sein, das ist aber aus meiner Sicht vollkommen unklar (ich könnte notfalls ein privates Gerät zum Test zur Verfügung stellen).
  • Und, auch das gehört zur Ehrlichkeit: die Anschaffung kostet eine fünfstelligen Betrag. Für etwas, das wir hoffentlich ab März nicht mehr brauchen, also für zwei bis drei Monate. Wenn es nötig ist, dann muss man das ausgeben. Ansonsten kann man damit auch jede Menge anderes Gutes tun. Gäbe es ein Landes-Förderprogramm, wäre ich da etwas entspannter. Das gibt es aber leider nicht.

Keine Meinung ohne Pferdefuß: ich kann nicht sicher sagen, ob es wirklich reicht. Wenn nicht, dann wird es eventuell schwierig, die Geräte noch rechtzeitig zu beschaffen. Ich werde daher zumindest versuchen, mit Schulleitung und Gemeinde nochmals sehr genau zu schauen, wie hoch das Risiko ist. Aber: ich kann mich täuschen.

Für Hinweise und Anregungen bin ich wie immer dankbar!

Übrigens: Fragestellungen rund um die Schule sind mir nicht neu. Man lese z.B. diesen Artikel von Ende August. Einige Probleme waren auch schon absehbar. Bei Vielem hätte ich mir ein deutlich anderes Agieren der Landesregierung gewünscht. Lokal, so meine ich, haben wir schon einiges getan. Es sei daran erinnert, dass wir vor Schulbeginn und in den ersten Schultagen bereits ein Lüftungskonzept für die Grundschule erarbeitet haben. Ich durfte das Schulteam dabei unterstützen. Bei Fragen der Lüftung und Digitalisierung haben wir auch gute Unterstützung durch die Gemeinde bekommen. So wurden z.B. CO2-Ampeln für alle Klassen angeschafft. Bei einer Fortentwicklung des Lüftungskonzepts helfe ich natürlich auch gerne mit.

Weitere Informationen

Es schadet nicht, wenn man sich tiefer ins Thema einarbeitet. Hier ein paar Empfehlungen dazu.

Mehr Details zu Luftreinigern gibt es hier, Interessantes zur Fensterlüftung hier und allgemeine Informationen zu „Corona und Aerosole“ fnden sich hier.

Informationen zum Lüften, auch in Schulen, das Umweltbundesamtes.

Dieser Artikel wurde am 12.11. um 19:10 nochmals aktualisiert: ich habe meine persönliche Meinung noch klarer hinzugefügt (das war nach ersten Reaktionen sinnvoll).