Lüften und Luftreinigung bekommt in Corona-Zeiten sehr viel Aufmerksamkeit. Macht es wirklich einen so großen Unterschied? Wir haben ein Experiment im (Home)-Office gemacht und zeigen hier konkret die Auswirkungen.

Grafik der CO2 Belastung im Homeoffice
Viel CO2 schadet der Gesundheit – immer. Hinzu kommt: wo viel CO2 ist, kann auch entsprechend viel Corona in der Luft sein, sofern ein infektiöser Mensch anwesend ist. Hier in der Grafik die CO2-Belastung im Homeoffice bei verschiedenen Arten der Lüftung. Genaueres dazu im Text. (Grafik und Daten: Rainer Gerhards) Klick für große Grafik!

Zeitablauf und Lüftungsarten

Damit man beides im Blick hat, hier zuerst einmal der zeitliche Ablauf:

8:40 Beginn; Fenster geschlossen, Lüftungsanlage läuft
11:20 – 11:30 Abwesenheit (leichter Rückgang)
12:00 – 12:10 Abwesenheit (leichter Rückgang)
12:10 Lüftungsanlage abgeschaltet (steilerer Anstieg)
13:18 Fenster komplett geöffnet (steiler Abfall)
13:25 Fenster geschlossen
13:40 Lüftungsanlage angeschaltet, Raum verlassen
14:05 Raum wieder betreten (Anstieg)
14:15 Raum verlassen, PC aus (sehr leichter Anstieg)
15:25 Raum wieder betreten (Anstieg)
16:20 – 16:50 abwesend
17:01 Fenster geöffnet (steiler Abfall)
17:08 Fenster zu
18:10 bis 18:40 abwesend
18:40 Fenster kippen (Abfall)
19:10 Rollos runter fahren, Fenster weiter gekippt (anstieg)
19:20 Rollos hoch, Fenster weiter gekippt (Abfall)
19:30 Raum verlassen, Rollos runter

Die Zeiten sind relativ exakt. Im Diagramm findet sich jeweils eine deutliche Änderung der CO2-Belastung. Gemessen wurde mit dem Semi-Professionellen Gerät TFA Air Co2ntrol 5000.

Fazit

Das Fazit kann man natürlich nur für diesen Raum und die Belegung mit höchstens einer Person ziehen. Auch kann es je nach Witterung und sonstigen Bedingungen Unterschiede geben. Generell kann man aber vermuten:

  • eine Lüftungsanlage wie man sie im Privathaus oder kleinen Büro findet hilft, ist aber alleine keinesfalls ausreichend
  • Lüften mit weit geöffnetem Fenster bringt sehr viel – auch ohne Querlüftung (wurde hier nicht getestet)
  • gekippte Fenster bringen beachtlich viel – und sind somit oft eine Alternative
  • die Überwachung der Luftqualität mit „CO2-Ampeln“ ist sinnvoll um optimiert zu Lüften

Der Temperaturabfall durch Fensteröffnung bzw. Kipplüftung war nicht immens und wurde relativ schnell wieder ausgeglichen. Die Aussentemperatur belief sich auf ca. 8 °C mit leichten Schwankungen im Tagesverlauf.

Umgebung des Experiments

Gemessen wurde in einem ca. 20 Jahre alten Haus mit aus damaliger Sicht sehr dichten Fenstern und Aussenhülle. Der Raum ist gut 10m² groß und wird zwangsweise von einer Lüftungsanlage mit Zuluft belüftet. Das Gerät ist nach Herstellervorgaben eingestellt mit einem eher hohen Durchsatz. Der Raum wurde nur von einer Person genutzt, Türe war für das Experiment bewusst geschlossen (von wenigen kurzen Ausnahmen abgesehen). Im Raum wird PC samt Zubehör als Arbeitsgerät betrieben. Gesprochen wurde, abgesehen von einigen Telefonaten, wenig.

Die Messung wurde mit einem Datenlogger TFA Air CO2ntrol 5000 durchgeführt. Das Messgerät war außerhalb des direkten Atembereichs positioniert auf ca. 80cm Höhe (eher in der Nähe des Luftauslasses der Lüftungsanlage). Das Messgerät ist nicht geeicht und besitzt sicherlich höhere Ungenauigkeiten als Profi-Messgeräte. Es wurde jedoch sorgfältig auf den Einsatzort eingestellt und kalibriert. Wichtiger als gewisse Abweichungen in der absoluten CO2-Konzentration ist deren Verlauf. Wir gehen davon aus, dass das Gerät über den Tag hinreichend konsistent aufgezeichnet hat. Die Messwerte wurden in 30-Sekunden Intervallen aufgezeichnet. Das Gerät reagiert eher träge auf Änderungen, da keine aktive Belüftung des Sensors vorhanden ist.

Warum ist Lüften wichtig?

Gerade in der Corona-Pandemie kommt dem Lüften hohe Aufmerksamkeit zu. Der Grund ist, dass Coronaviren durch Aerosole übertragen werden. Sie „fliegen“ also quasi in der Luft und man kann sich schon durch Einatmen infizieren. Aerosole sind ein wichtiger Übertragungsweg, eventuell sogar der wichtigstes (dazu gibt es unterschiedliche Meinungen). Das deutsche RKI weist ausdrücklich auf die Gefahren der Aerosol-Übertragung als einem „Hauptübertragungsweg“ hin.

Wir können Coronaviren in der Raumluft nicht direkt messen. CO2 verhält sich aber ähnlich wie Coronaviren: wir atmen es aus, und es reichert sich in der Luft an. Je stärker wir atmen, desto mehr CO2 – genau wie bei Corona. Daher wird CO2 als leicht messbare Alternative zu Corona verwendet.

Wichtig: hohe CO2 Konzentrationen in der Raumluft sind auch ohne Corona schlecht! Denn zu viel CO2 ermüdet, verringert die Konzentrationsfähigkeit und kann auch Kopfschmerzen verursachen. Daher wurde auch immer schon Lüften empfohlen. In manchen größeren öffentlichen Gebäuden existieren deshalb auch bereits CO2 Messanlagen. CO2 wird in der Einheit „ppm“ (parts per million) gemessen. Bedingt durch den Klimawandel liegt der CO2-Gehalt unbelasteter Außenluft aktuell ungefähr 400 ppm.

Nach Angaben des Umwelt-Bundesamtes gelten CO2-Konzentrationen unterhalb von 1.000 ppm als unbedenklich, zwischen 1.000 und 2.000 ppm als auffällig (und eben nicht mehr unbedenklich) und Konzentrationen oberhalb von 2.000 ppm als inakzeptabel. Diese Werte sind dabei übrigens keine neue „Erfindung“ – ich zitiere sie aus einer Unterlage des Umweltbundesamtes von 2008 (die natürlich immer noch gültig ist).

Als Alternative zum Lüften werden oft Luftreiniger genannt. Luftreiniger können Corona-Viren (und andere) aus der Raumluft filtern, aber kein CO2 entfernen. Sie sind also kein vollwertiger Ersatz für Lüften. Das sollte man bei Diskussionen bedenken. Um ein regelmäßiges Lüften (oder eine Lüftungsanlage mit hinreichend schnellem Luftaustausch) kommt man also letztlich nicht herum. Der Einsatz einer Kombination von Luftreiniger und Lüften kann gerade in der kalten Jahreszeit ideal sein.

Als Detail am Rande ist zu erwähnen, dass deutsche Klassenräume im Regelfall zu hohe CO2-Konzentrationen aufweisen – siehe hierzu zum Beispiel eine Studie der Unfallkasse NRW aus 2014 (die Unfallkasse NRW ist eine offizielle Körperschaft öffentlichen Rechts in NRW).

Weitere Arbeiten

Es ist unser Ziel, weitere Szenarien zu messen und zu bewerten. Das gilt auch und insbesondere für größere Treffen und andere Räume.

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