Geplantes Windrad (Fotomontage)

Eigentlich war es ja klar: so richtig ruhig wird es im Streit um das „Riesenwindrad“ so schnell nicht werden. Schon damals wussten wir in der BI: mit dem Bürgerentsscheid war ein wichtiges Zwischenziel erreicht. Endgültig abgelehnt würde es aber nicht sein. Auch, dass der Investor Widerspruch einlegen würde, war uns klar. Ebenso wussten wir bereits damals, dass der Fall womöglich vor Gericht landet. Da sind wie jetzt noch nicht – aber es gibt wieder mal Bewegung.

Kurz und Knapp

  • es gibt einen Entscheid zugunsten des Investors
  • jetzt direkt gebaut werden kann nicht
  • es gibt noch genügend Handlungsmöglichkeiten
  • die nächsten Ratssitzungen sind nicht ganz unwichtig
  • BI und Bürger sollten den Prozess konstruktiv und unaufgeregt begleiten
  • weder Übertreibung noch scheinbares Desinteresse ist angebracht

Was bisher geschah…

An der ursprünglichen  Einschätzung hat hat sich bis heute wenig geändert. Neu ist, dass das Thema dieses Jahr bereits zum zweiten Mal „aufflammt“. Überraschend war die Wendung, dass der Bebauungsplan damals nicht rechtzeitig unterschrieben („ausgefertigt“) wurde. Ebenso überraschend, zumindest für mich, war, dass man das nachträglich reparieren („heilen“) konnte. Auf der Ratssitzung am 9. Juli wurde hierzu aus formalen Gründen zwar kein Beschluß gefasst – es gab im Rat aber auch niemanden, der sich gegen die Heilung aussprach. Die Heilung erfolgte dann auch.

Nun, heute, der nächste Streich: das Regierungspräsidium Stuttgart spricht sich für den Investor aus und meint, die Heilung sei nicht möglich gesesen. Die Argumentation dazu rüttelt meiner Meinung nach schon an der Gewaltenteilung der Verfassung – ob das richtig ist? So nebenbei merkt man noch an, dass unser damaliger Bürgerentscheid unzulässig gewesen sei. Obwohl das Innenministerium seinerzeit den Fall geprüft hatte – und für zulässig befunden. Kann das alles stimmen?

Oh jeh?

Grund zur Panik besteht sicher nicht. Fakt ist, dass wir uns im Gemeinderat mit dem Thema beschäftigen müssen. Egal, ob zulässig oder nicht: der Bürgerentscheid hat damals auf jeden Fall ein klares politisches Statement gesetzt: wir, die Bürger in Großrinderfeld, Gerchsheim, Schönfeld und Ilmspan möchten das nicht. Genau: in allen Ortschaften hatte der Bürgerentscheid eine Mehrheit gefunden. Mit insgesamt 69,9% Zustimmung bei 76% Wahlbeteiligung.

Ergebnis des Bürgerentscheids 2017

Das ist ein „dickes Brett“, das man auch mit formalen Bedenken nicht wegdiskutieren kann. So sagte auch Bürgermeisterin Schmidt seinerzeit „Wir wollten die Meinung [der] Bürger haben, die haben wir jetzt klar und deutlich bekommen. Jetzt werden wir damit weiter machen“. [FN vom 25.09.17]. Daran hat sie sich auch gehalten, zuletzt mit Heilung des Formfehlers – unter wohlwollendem Schweigen des Gemeinderats.

Was man bedenken muss…

Die politische Aussage des Bürgerentscheids steht weiter felsenfest. Politisch ist seit damals allerdings einiges geschehen:

Geplanter Standort des Windrads bei „X“

Seit gut drei Wochen ist auch ein frischer Wind aus dem Rathaus verspürbar: auf einmal zieht bisher ungekannte Transparenz ein und Informationen werden den Bürgern zur Verfügung gestellt. Sei es zur Situation bei den Linden in der Paimarer Straße oder eben jetzt zum Windrad. Ausserdem ist es auf einmal möglich, fachkundige Bürger direkt an der Entscheidungsfindung teilhaben zu lassen. So wurde letztens der NABU zur Situation der Linden angehört. Und beim Windrad ist es geplant, die Vertrauensleute des damaligen Bürgerentscheids anzuhören. Wohlgemerkt während der Sitzung, vor Beschlüssen – und nicht im Nachgang quasi nutzlos unter „Anfragen von Einwohnern“.

Wir stehen also vor einer ganz neuen lokalpolitischen Situation, die richtungsweisend für den künftigen Umgang mit Bürgern werden könnte.

Ein „einfach so Deckel drauf und zustimmen“ kann ich persönlich mir nicht vorstellen (und ich werde auch nicht dafür stimmen). Ich erhoffe mir eine sachliche Argumentation im Rat. Unter Einbeziehung der Bürger. Die Chancen dafür stehen so gut wie selten.

Wie könnte es weitergehen?

Ich erwarte, dass der Gemeinderat nach wie vor dem Bauantrag für das Windrad nicht sein Einvernehmen erteilen wird. Zu groß ist das politische Signal der Vergangenheit – zu merkwürdig erscheint die Argumentation des RP Stuttgart.

Das Landratsamt (LRA) kommt damit in eine Zwickmühle. Es ist quasi jetzt schon vom RP angewiesen wurden, dann das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen. Dem wird es wohl auch nachkommen – vermutlich aber nur mit wenig Freude, da man offensichtlich auch anderer Rechtsauffassung ist. Hilft aber nix. Kleine Bitte in dem Zusammenhang: hier nicht über’s LRA schimpfen. Der „Schuldige“ ist klar das RP.

Wenn das alles so passiert ist, kommt es wieder auf die Gemeinde Großrinderfeld an. Jetzt ist es an uns, uns gegen die Genehmigung zu wehren. Auch dazu gibt es verschiedenste Mittel – bis hin zu einem Gerichtsverfahren. Wichtige Spieler: Gemeinderat und Bürgermeister. Interessant ist, ob wir bis dahin schon einen neuen Bürgermeister haben – und wie er künftig diese Dinge handhaben wird. Zu hoffen ist, dass er die Dinge wie momentan Dr. Schultheiß anpackt und die rechtlichen Mittel ausschöpft (hatte ich schon gesagt, dass wir wieder einmal durchaus  gute Argumente haben – ich glaube ja…).

Wie wird es letztlich ausgehen?

Da ist sie wieder, diese wirklich gute Frage: ganz ehrlich – ich weiß es nicht. Es ist ja nicht einmal sicher, ob der Investor überhaupt noch bauen möchte oder primär auf Schadenersatz abzielt. Im Hinblick auf die veränderte Ausgangslage ist das „Schielen auf den Schadenersatz“ zumindest nicht ganz von der Hand zu weisen.

Wenn ich jetzt einmal davon ausgehe dass wir hier vor Ort die Sache im erklärten Bürgerwillen entscheiden, dann wird es auf eine rechtliche Entscheidung hinauslaufen. So, wie immer schon gedacht. Falls es wirklich auf eine Gerichtsverhandlung hinausläuft, gilt die alte Weisheit „Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand„. Oder, anders gesagt: man weiß es nicht. Darüber zu orakeln macht wenig Sinn.

Fazit

Das Thema ist wieder hochgekocht. Entschieden ist noch nichts. Und wenn alle einen kühlen Kopf bewahren, dann passiert so schnell auch nichts.

Ich wünsche mir von Rat und Verwaltung, dass der Bürgerwille nach wie vor respektiert wird und wir eine sachliche Diskussion führen können.

Gleichfalls wünsche ich mir von der Bürgerinitiative ebenfalls eine sachliche Beteiligung an den Diskussionen. Schön wäre es sicherlich, wenn die Bürger zeigen, wie wichtig ihnen das Thema ist. Im Rahmen der veränderten lokalpolitischen Situation ist es aber sicherlich sinnvoll hier ganz besonders auf Kooperation abzuzielen.

Wichtig ist, dass die Vertrauensleute am (voraussichtlich) 2. Oktober überzeugend ihre Argumente vortragen.

Schön wäre es gewesen, wenn wenigstens noch ein paar Monate weiter Ruhe gewesen wäre. Positiv gesehen haben wir jetzt aber auch die Chance, dass Bürger und Gemeinde direkt von Anfang an am gleichen Strang ziehen. Wenn das passiert, sieht es gar nicht so schlecht aus.

Also lasst uns darauf zuarbeiten!