Das Windrad auf Werbacher Grund westlich von Großrinderfeld hat die Gemeinde viele Jahre lang bewegt. Nun nähert sich dieses Kapitel seinem Ende: das Landratsamt des Main-Tauber Kreis veröffentlichte am gestrigen Montag die Genehmigungsunterlagen. Die Genehmigung wurde bereits am 19. Dezember 2024 erteilt. Fristen beginnen aber erst mit der jetzigen Veröffentlichung zu laufen.

Der ungefähre Standort des nun genehmigten Windrades an der Gemarkungsgrenze zu Werbach. Er liegt in einer kleinen Vertiefung in relativ steilem Gelände. (Foto und Bearbeitung: Rainer Gerhards)

Betroffene können noch gegen den Genehmigungsbescheid klagen. Allerdings dürften die Aussichten auf Erfolg einer solchen Klage extrem gering sein. Die Anlage muss nun vom Betreiber innerhalb von 2 Jahren errichtet und in Betrieb genommen werden – sonst verfällt die Genehmigung.

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Dieses Windrad ist nicht Bestandteil der Konzeption „Energie Großrinderfeld. Der Standort im Westen der Ortschaft ist nicht ideal. West-Standorte werden bewusst bei der „Energie Großrinderfeld“ vermieden, da hier besonders oft Bedenken in der Anwohnerschaft bezüglich Schattenwurf und Lärmbelästigung (Hauptwindrichtung) geäußert wurden. Aufgrund der aktuellen Rechtslage, aber auch im Hinblick auf die veränderten politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Klimawandel, Energiesicherheit, Bedrohungen durch Putin und mittlerweile auch Trump) wurde der Standort letztlich vom Gemeinderat im Einvernehmen mit den Vertrauensleuten der damaligen Bürgerinitiative akzeptiert.

Kommentar: nicht schön, aber nötig

Die Zeiten ändern sich. Verglichen mit 2017 hat sich viel getan. Windräder sind wichtig nicht „nur“ wegen des Klimawandels, sondern auch um uns möglichst unabhängig zu machen. Die Bedrohung durch den Krieg in der Ukraine und Putin’s hybride Kriegsführung sind sehr konkret. Die anscheinend neue Rolle der USA unter Präsident Trump verbessert die Lage auch nicht.

Von daher ist es meiner Meinung nach wichtig, die Energiewende voranzutreiben. Diese Anlage hier war nicht zu Unrecht umstritten. Aber auch sie ist notwendig. Noch dazu ist die rechtliche Lage so klar wie selten. Und auch in weiten Teilen der Bevölkerung hat ein Umdenken eingesetzt.

Ein etwas anderer Standort, und der Betrieb im Rahmen der „Energie Großrinderfeld“, wäre sicherlich nicht nur mir deutlich lieber gewesen. Aber: ein „Kampf gegen Windmühlen“ á la Don Quixote scheint wenig angeraten. Lassen Sie uns entspannt bleiben. Selbstverständlich ist es weiterhin wichtig darauf zu achten, dass Niemandem ein Schaden entsteht, z B. durch beschädigte Feldwege. Und das alle Auflagen eingehalten werden. Das behalten wir natürlich im Auge.

Ihr Rainer Gerhards

Etwas Historie

Planung und Genehmigung der Windkraftanlage in Großrinderfeld blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Bereits im Jahr 2017 wurde ein erster Bauantrag für den Standort am Werbachhäuser Berg eingereicht. Damals sprach sich die Bevölkerung in einem Bürgerentscheid gegen das Vorhaben aus, wodurch der Bau zunächst verhindert wurde. Ein wesentlicher Faktor war der zu diesem Zeitpunkt geltende Bebauungsplan, der Höhenbeschränkungen für Windenergieanlagen vorsah. In der Folge wurde das Vorhaben jedoch rechtlich angefochten. Nach längeren Diskussionen hob der Gemeinderat im Mai 2021 den bestehenden Bebauungsplan auf, da er aufgrund veränderter Rahmenbedingungen nicht mehr rechtssicher war. Damit wurde der Weg für eine erneute Antragstellung geebnet. Der überarbeitete Antrag, der eine leicht veränderte Position sowie eine größere Gesamthöhe der Anlage vorsah, wurde im November 2023 im Gemeinderat behandelt. Aufgrund der geltenden Rechtslage erteilte das Gremium sein Einvernehmen, wenngleich die Zuwegung als problematisch eingestuft wurde. Die endgültige immissionsschutzrechtliche Genehmigung erfolgte schließlich am 19. Dezember 2024 durch das Landratsamt Main-Tauber-Kreis​. Im Bauantrag 2023 war übrigens ein Fertigstellungstermin von Dezember 2024 geplant – das hat sich also nochmals verzögert. Nun wird sich zeigen, wie schnell der Bau beginnt.

Technische Daten der Windkraftanlage

  • Anlagentyp: Enercon E-138 EP3 E3
  • Gesamthöhe: 229,13 m
  • Nabenhöhe: 160 m
  • Rotordurchmesser: 138,25 m
  • Nennleistung: 4,26 MW
  • Standort: Flurstück Nr. 17343, Gewann „Werbachhäuser Berg“, Ortsteil Großrinderfeld
  • Abstände zur Wohnbebauung:
    • 1.075 m zur Siedlung Großrinderfeld
    • 1.098 m zum Baugebiet „Alte Hohle“
    • 1.124 m zur Brunntaler Straße

Zur Flugsicherheit

Da wir in Großrinderfeld bei der Genehmigung von Windrädern der „Energie Großrinderfeld“ Probleme mit militärischen Tiefflugzonen haben, ist ein genauere Betrachtung der Auflagen zur Flugsicherheit interessant. Am Standort gibt es allerdings keine Tiefflugzone mehr. Dennoch ein kurzer, etwas detaillierterer Blick in die Argumentation der Genehmigung:

Großrinderfeld liegt nahe dem Militärflughafen Niederstetten. Daher darf das Windrad nur unter strengen Auflagen betrieben werden, um die Sicherheit des Luftverkehrs nicht zu gefährden. Kernproblem ist dabei das Radar. Die drehenden Rotoren könnten das Radar stören, daher muss die Anlage bei Bedarf gedrosselt oder ganz abgeschaltet werden – diese Entscheidung liegt bei der Bundeswehr. Der Betreiber muss die nötige Technik dafür einbauen und die Kosten selbst tragen. Außerdem wird die Windkraftanlage offiziell als Luftfahrthindernis registriert, damit sie in der Flugsicherung berücksichtigt wird. Ohne diese Maßnahmen wäre die Genehmigung nicht möglich.

Genehmigungsauflagen

Das der Standort nicht ideal ist, merkt man auch an den Auflagen in der Genehmigung. Hier ein kurzer Überblick über einige wichtige Auflagen:

Lärmschutz

  • Die Windkraftanlage darf bestimmte Schallleistungspegel, gemessen am Standort der Anlage, nicht überschreiten:
    • Tagsüber: max. 106,0 dB(A)
    • Nachts: max. 103,2 dB(A)
  • Nach Inbetriebnahme muss eine Schallmessung durchgeführt werden, um die Einhaltung der Grenzwerte zu bestätigen.
  • Falls Ton- oder Impulshaltigkeit festgestellt wird, müssen Maßnahmen zur Minderung ergriffen werden.
  • Für die Wohnbebauung gelten deutlich niedrigere Grenzwerte. Auch deren Einhaltung muss überwacht werden.

Schattenwurf

  • Eine Abschaltautomatik ist erforderlich, um sicherzustellen, dass der bewegte Schattenwurf folgende Grenzwerte nicht überschreitet:
    • Max. 30 Stunden pro Jahr
    • Max. 30 Minuten pro Tag
  • Falls dennoch schädliche Umwelteinwirkungen durch Schattenwurf entstehen, können zusätzliche Maßnahmen angeordnet werden.

Eisabwurf

  • Die Windkraftanlage muss mit einem System ausgestattet sein, das bei Eisbildung automatisch zum Stillstand führt.
  • Warnhinweise müssen angebracht werden, um auf die Gefahr von Eisabfall hinzuweisen.

Wiederkehrende Prüfungen

  • Regelmäßige Inspektionen sind vorgeschrieben, insbesondere für die Tragstruktur, Rotorblätter und elektronische Sicherheitssysteme.
  • Die Prüfintervalle betragen maximal 2 Jahre, können aber auf 4 Jahre verlängert werden, wenn eine jährliche Wartung erfolgt.

Artenschutz

  • Die Anlage muss mit Abschaltvorrichtungen zum Artenschutz versehen sein
  • Zum Fledermausschutz gibt es einen detaillierten Abschaltplan sowie Monitoring. Der Abschaltplan muss den Gegebenheiten angepasst werden.
  • Es gibt Auflagen in Bezug auf Begrünung der unmittelbar angrenzenden Flächen
Ein Beispiel aus der Genhemigungsunterlage: temporäre Schutzflöchen für Rotmuilan. (Grafik: Landratsamt Main-Tauber Kreis)

Militärische Einschränkungen

  • Die Anlage muss mit einer bedarfsgerechten Steuerung ausgestattet sein, um Störungen für den militärischen Flugbetrieb zu vermeiden.
  • Eine automatische Abschaltung ist erforderlich, falls eine Störung der Steuerung oder der Datenverbindung zur militärischen Flugsicherung auftritt.

Diese Liste ist nicht abschließend. Alle Details finden sich in dem 33-seitigen PDF der Genehmigungsunterlagen beim Main-Tauber Kreis.

Quellen: Genehmigungsunterlage des Main-Tauber Kreis, Ratsinformationssystem Großrinderfeld, eigenen Recherche