Es ist so weit: der Bauantrag für das Windrad am Werbachhäuser Berg wurde aktualisiert und steht erneut zur Entscheidung an. Es handelt sich um das Windrad, das in der Vergangenheit so viel „Gegenwind“ erhielt. Der Antrag kommt nicht unerwartet und muss diesmal voraussichtlich genehmigt werden. Es dürfte sich um das letzte Windrad außerhalb des Verbundes „Energie Großrinderfeld“ handeln.
Der Bauantrag wird voraussichtlich auf der Sitzung des Gemeinderats am 14. November behandelt. Die ist aktuell für 19 Uhr in der Turnhalle Großrinderfeld geplant.
Kommentar: unschön, aber zu erwarten
Die Errichtung dieses sehr strittigen Windrades ist meiner Meinung nach bedauerlich. Gerade jetzt, wo das Konzept "Energie Großrinderfeld" für die Akzeptanz von Windrädern steht. Es wäre schöner gewesen, hätte der Investor hier Gespräche für einen anderen, konfliktärmeren und ertragreicheren Standort geführt.
ALLERDINGS: Erwartbar war immer, dass dieses Windrad über kurz oder lang gebaut werden würde. Insbesondere die sich immer weiter verschärfende Bundes- und Landesgesetzgebung deutete darauf hin. Darauf habe ich auch immer wieder hingewiesen. Niemand sollte also überrascht sein, dass das Rad nun gebaut wird.
So wird Großrinderfeld vermutlich um eine Besonderheit reicher: hier wird man am selben Ort live sehen können, wie man den Ausbau von Erneuerbaren Energien im Konsens mit der Bevölkerung vorantreiben kann (Energie Großrinderfeld) - und wie umständlich das gegen den Willen der Bevölkerung (das strittige Windrad) ist.
Eine kurze Historie
Das fragliche Windrad hat eine lange und strittige Geschichte. Ein Bürgerentscheid verhinderte vor Jahren seinen Bau, es folgte eine längere juristische Auseinandersetzung. Der Entscheid fand übrigens landesweit Aufmerksamkeit.
Dem Bau des Rades stand ein gemeindlicher Bebauungsplan mit Höhenbeschränkungen aus der Amtszeit von Bürgermeister Weis entgegen. Aufgrund seines Alters hätte er allerdings überarbeitet werden müssen. Die damaligen Höhenbeschränkungen wären heute nicht mehr zulässig gewesen. Nach langen Diskussionen, auch mit Vertretern der damaligen Bürgerinitiative und Obleuten des Bürgerentscheids, entschied sich die Gemeinde, den Bebauungsplan aufzuheben.
Durch diese Anpassung an die neue Rechtslage konnte das Bauvorhaben auch ohne weitere Klagen wieder starten. Zumindest in Teilen der damaligen BI gab es Hoffnungen, dass der Investor an diesem eher schlechten Standort kein Interesse mehr haben könne. Dies haben sich nun nicht erfüllt. Der Bau des Rades dürfte gerade aufgrund des Überfalls von Russland auf die Ukraine und den in Folge stark gestiegenen Strompreisen nun wieder sehr attraktiv geworden sein.
Fakt ist: das Windrad darf nach geltender Rechtslage dort errichtet werden. Gerade im Hinblick auf die neuen Gesetzgebungen zur Energiewende ist die Rechtslage hier deutlicher denn je.
Sollten nicht alle Windräder an konfliktarme Standorte kommen?
„Ja, aber“ ist die Antwort. Das stimmt für alle neu zu errichtenden Windräder nach dem Großrinderfelder Modell. Das hier fragliche ist aber eine „Altlast“, in einer vor vielen Jahren ausgewiesenen Wind-Vorrangfläche. Diese hat nach wie vor Bestandskraft. Fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung und ein ertragsarmer Standort reichen offensichtlich nicht aus, um diese Vorrangfläche zugunsten der neuen, deutlich besseren, Standortkriterien zu verlagern.
Wie hoch wird das Windrad am Werbachhäuser Berg?
Das ursprünglich geplante Windrad ist nicht mehr lieferbar. Daher wurde auf ein Nachfolgemodell ausgewichen. Dieses ist geringfügig höher, mit einer Nabenhöhe von 160m und einem Rotordurchmesser von 138,25m, also einer rechnerischen Maximal-Gesamthöhe von 229,12m.
Der Standort ist ebenfalls leicht verschoben, es steht im Mittel um ca. 10m weiter entfernt vor Ort. Ein großer Unterschied zu den ursprünglichen Planungen wird es also nicht geben.
Anhand der technischen Daten sowie der vorher geplanten Enercon Anlage dürfte es sich übrigens um eine Schwachwindanlage vom Typ Enercon E-138 EP3 E3 handeln. Das Datenblatt mit genauen technischen Daten findet man unter anderem beim Verbund Umweltverträglichkeitsprüfungen der Länder. Und als zwischengespeicherte Version sicherheitshalber auch hier.
Kennt man schon weitere Details?
Der Bauantrag liegt der Gemeinde vor. Er wird, wie alle Bauanträge, intensiv geprüft. Bei Windradprojekten ist die Prüfung etwas aufwändiger. Beispielsweise stellt sich generell die Frage nach der Zuwegung für die Bauphase. In voraussichtlich ein bis zwei Wochen wird die Sitzungsvorlage der Gemeinde vorliegen, die dann auch im Ratsinformationssystem abgerufen werden kann.
Sie wird mit größter Wahrscheinlichkeit keine wesentlichen neuen Informationen enthalten. Normalerweise hätte ich mit meinem Bericht zum Bauantrag auch gewartet, bis die Sitzungsvorlage vorhanden ist. Durch die Behandlung in der Ratssitzung in Werbach bereits nächste Woche erscheint aber ein überragendes Interesse an frühzeitiger Berichterstattung zu bestehen. Daher bereits heute schon dieser Artikel.
Warum behandelt Werbach eigentlich den Bauantrag?
Das erfolgt im Rahmen der sogenannten Anhörung der „Träger öffentlicher Belange“ (TÖB). Das ist normal bei etwas größeren Vorhaben. Dabei werden alle potentiell betroffenen Nachbarkommunen angesprochen – und darüber hinaus auch viele sonstige wichtige Beteiligten, wie beispielsweise Bundeswehr und Netzbetreiber.
Werbach ist meiner Meinung nach auch konkret betroffen. Die unmittelbar angrenzenden Werbacher Windräder bestehen schon seit gut zehn Jahren. Die Notwendigkeit eines Repowerings rückt also so langsam in den Fokus. Diese Repowering-Möglichkeiten werden aber durch den Bau des neuen Windrades deutlich eingeschränkt. Denn aus physikalischen Gründen müssen Mindestabstände eingehalten werden. Da die Anlagen beim Repowering größer werden, werden auch größere Abstände notwendig. In der Folge könnte es sein, dass durch das neue Windrad im Werbacher Windpark nur noch weniger oder ggf. auch gar keine Repowering stattfinden könnte. Sprich: diese Möglichkeiten werden auf Werbacher Gemarkung möglicherweise eingeschränkt.
Auch in Werbach sind darüber hinaus „die üblichen Details“ zu bedenken. Erfahrungsgemäß auch hier wieder die Frage der Zuwegung.
Von daher muss der Antrag auch in Werbach behandelt werden.
Wie steht es mit weiteren Windrädern?
Die Fläche am Werbachhäuser Berg ist mit dem geplanten Neubau ausgelastet, weitere Windräder können dort nicht mehr errichtet werden. Außerdem könnte es perspektivisch in den 2030er Jahren zu eine Reduktion der Anlagen kommen. Denn, wie oben dargelegt, könnte das neue Windrad künftiges Repowering behindern.
Im Rahmen des Großrinderfelder Modells werden natürlich noch weitere Windräder errichtet werden. Für die absehbaren Drei gibt es ja konkrete Planungen. Diese Windräder unterliegen aber alle unseren strengen Kriterien und werden darüber hinaus auch Vorteile für jeden Einzelnen bringen, unter anderem den vergünstigten Bürgerstromtarif.