Die sogenannte sieben-Tage Inzidenz gibt an, wie viele Neuinfektionen in den letzten 7 Tagen geschehen sind. Damit die Daten vergleichbar sind, wird dabei auf die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern zurück gerechnet. Sie ist eine wichtige Kennzahl, nach der sich auch Corona-Maßnahmen richten.

Coronavirus SARS-CoV-2
Coronavirus SARS-CoV-2 (Foto: CDC)

Da immer die Anzahl der Infektionen je 100.000 Einwohnern betrachtet wird, kann man große Großstädte mit kleinen Landkreisen vergleichen. Oder auch unterschiedliche Bundesländer. Ein einfaches Beispiel. Nehmen wir an, es haben sich 20 Leute an einem Tag neu Infiziert. In einem Stadt mit 100.000 Einwohnern beträgt die Inzidenz dann auch genau 20. Hat die Stadt aber 200.00 Einwohner, dann ist die Inzidenz nur 10. So kann man die beiden Städte vergleichen und sieht auch, wo „weniger los“ ist.

Damit ist eigentlich alles gesagt. Leider findet man für den gleichen Ort immer mal wieder unterschiedliche Angaben zur Inzidenz.

Wie berechnet man die Sieben-Tage Inzidenz?

Erst der Hinweis: rechnen muss man die natürlich nicht selbst, man findet sie auf verschiedenen Webseiten, zum Beispiel unserer Übersicht über Corona in allen deutschen Kreisen oder natürlich dem Corona-Dashboard des RKI. Wenn man aber doch selbst rechnen müsste, dann macht man das wie folgt. Die Erklärung setzt bewusst nichts anderes als die Grundrechenarten voraus und ist bewusst einfach gehalten.

  1. Man muss die Zahlen der Neuinfektionen der letzten 7 Tage finden. Die gibt es meist im Pressebereich der Städte, Kreise und Bundesländer. Wenn nicht: dann muss man suchen. Es gibt sie auch auf vielen Webseiten (hier bei uns für den Main-Tauber Kreis). Nehmen wir mal an, es hätte 8, 2, 9, 12, 10, 3 und 4 Fälle gegeben.
  2. Die Zahlen muss man nun zusammen zählen. Mit den Zahlen von gerade würde das die Summe 48 ergeben.
  3. Nun brauchen wir die Einwohnerzahl von Stadt, Kreis oder Bundesland. Die findet man notfalls bei Wikipedia. Nehmen wir einfach mal an, es wären 129.000 Einwohner.
  4. Jetzt rechnet man: Summe von eben * 100.000 / Anzahl Einwohner, also im Beispiel
    48 * 100.000 / 129.000 – ergibt ungefähr 37,2.
  5. Fertig! 37,2 ist jetzt unsere 7-Tage Inzidenz je 100.000 Einwohner

Je nachdem wie genau die Zahlen der Neuinfektionen sind und wie exakt die Einwohnerzahl ist ergibt sich eine leicht Abweichung vom „richtigen“ Wert. Die sollte aber nicht zu hoch sein. Also nicht erschrecken, wenn es nicht 100% „passt“.

Warum gibt es manchmal unterschiedliche Inzidenz-Wert für den gleichen Ort?

Vorwarnung: ab jetzt wird es deutlich komplizierter. Liegt leider in der Natur der Sache. Denn „ganz so einfach“ ist es dann „natürlich“ doch nicht.

Für die Unterschiede hat mehrere Gründe: Meldeverzögerungen und Berechnungsweise.

Meldeverzögerungen treten immer wieder auf, weil (scheinbar) viel Neuinfektionen noch manuell gemeldet werden. Auf jeden Fall sieht man unterschiedlich viele Fälle, wenn man bei Kreis, Land und Bund (RKI) nachschaut. Wer die Zahlen genau beobachtet, merkt das. Der Main-Tauber Kreis hat das in einer Pressemitteilung schön beschrieben: „Das Gesundheitsamt erhebt an sieben Tagen in der Woche die neu registrierten Infektionsfälle im Main-Tauber-Kreis und kommuniziert diese an das Landesgesundheitsamt. Dieser Meldeweg führt weiter bis beispielsweise zum Robert-Koch-Institut. Hierbei kann ein Zeitverzug eintreten, wodurch sich abweichende Zahlen unterschiedlicher Quellen wie Landratsamt, Landesgesundheitsamt und Robert-Koch-Institut ergeben können. Da das Kreis Gesundheitsamt am Beginn der Meldekette steht, sind dessen Zahlen stets die aktuellsten.„. Sie finden sich dennoch so nicht unbedingt in den RKI-Zahlen des entsprechenden Tages wieder. Die RKI-Zahlen werden aber bei Ausweisung von Risikogebieten genutzt.

Welche Unterschiede gibt es bei der Berechnungsmethode?

Grob gesagt kann man nach Meldestand oder Meldedatum berechnen. Beim Meldestand wird „nur“ betrachtet, wie viele Fälle seit dem vorherigen Tag hinzugekommen sind. Meist werden im Laufe eines Tages aber Fälle von mehreren Vortagen gemeldet. Nehmen wir einmal an, an einem Donnerstag werden 10 neue Fälle bekannt. Davon sind 2 vom vergangenen Dienstag, 6 vom Mittwoch und 2 tatsächlich von Donnerstag. Bei der Berechnung nach Meldestand werden dann für den Tag insgesamt 10 Fälle gemeldet.

Die Berechnung nach Meldedatum funktioniert anders. Dort werden die Fälle jeweils dem Tag zu geschlagen, an dem sie bekannt wurden. Im obigen Beispiel werden also (nachträglich) die Zahlen von Dienstag um zwei und die von Mittwoch um sechs erhöht. Der Donnerstag hat somit zunächst nur zwei Fälle. Diese Zahl kann sich aber in den Folgetagen noch erhöhen. Werden beispielsweise am Freitag noch drei und am Sonntag noch sieben Fälle bekannt, so hat der Donnerstag nach der Meldung von Sonntag insgesamt elf Fälle auf (2 Do, 3 Fr, 7 So). Klingt kompliziert, ist es aber eigentlich gar nicht mal so sehr. Irgendwie ist das Verfahren auch nicht unlogisch. Würden nämlich direkt alle Fälle am Tag des positiven Befunds (elektronisch) gemeldet, dann hätte der Donnerstag von Anfang an 11 Fälle gehabt.

Gerade dann, wenn die Meldungen relativ schleppend herein kommen, kann sich ein deutlicher Unterschied in der Inzidenz nach Meldestand und der nach Meldedatum ergeben – ganz unabhängig von den zuvor genannten (weiteren) Verzögerungen im Meldeweg. Meist ist der Wert nach Meldedatum niedriger als der nach Meldestand – es könnte aber auch einmal genau andersherum sein.

Berechnung der Inzidenz für den Main-Tauber Kreis nach Meldestand und Meldedatum („mit Korrekturen“). Grafik: Rainer Gerhards, Daten: RKI)

Die Berechnung am Beispiel des Main-Tauber Kreises

Das ganze hat Folgen, hier am konkreten Beispiel des Main-Tauber Kreises gezeigt (nur da haben wir alle nötigen Daten):

  • das Kreis-Gesundheitsamt rechnet offensichtlich nach Meldestand und gibt die heute berechnete Inzidenz als Wert des Folgetages an
  • das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg rechnet offensichtlich nach Meldedatum und gibt die berechnete Inzidenz mit genauer Uhrzeit an (also im Prinzip heutige Daten auch für heute)
  • das RKI rechnet scheinbar ebenfalls nach Meldedatum und berechnet diese Werte „um Mitternacht“. So gesehen wird die heutige Inzidenz am Folgetag veröffentlicht, aber klar gesagt, dass sie zum Vortag gehört. Einfacher ausgedrückt: im RKI Dashboard steht auch eigentlich immer der Wert von Gestern (wie soll man den heutigen auch wissen, der entwickelt sich ja erst)
  • last but not least: wir haben bei unseren eigenen Auswertungen, wie der Kreis, nach Meldestand berechnet, das Ergebnisse aber am Nachmittag als „aktuelle“ Inzidenz bezeichnet. Um Verwirrung vorzubeugen, bezeichnen wir die nun am heutigen Tag als „Prognose für Morgen“. Daher haben wir eine sehr hohe Prognosegüte ;-) Um Grafiken mit RKI vergleichbar zu machen, tragen wir den Wert in den Grafiken jedoch dem aktuellen Tagesdatum zu (quasi so, als seien sie um Mitternacht berechnet worden).

Immer noch nicht kompliziert genug? Gut, dann sei noch erklärt warum oben die Worte „offensichtlich“ und „wahrscheinlich“ verwendet werden. Das liegt daran, dass die genaue Berechnungsart unsers Wissens nach nicht veröffentlich ist (etwas vage jedoch für den Kreis). Wir haben daher anhand der Ergebnisse ermittelt, nach welchen Verfahren die Berechnungen vermutlich erfolgen. Wir haben einfach alle möglichen Arten durchgerechnet und dann über mehrere Tage geschaut, was passt.

Ein paar echte Daten

Wer jetzt immer noch weiter liest, dem bieten wir ein paar echte Daten. Die werden „live“ importiert. Von daher kann es sein, dass der Unterschied an manchen Tage nicht erkennbar ist. Das kommt aber vermutlich selten vor. Auf geht’s:

Wer sich intensiver mit den Zahlen auseinander setzt (und nur der!), wünscht sich vielleicht noch ein paar Details. Die können aber auch verwirren, daher seien „Unbedarfte“ vor einer Interpretation gewarnt. Hier sind die Corona-Neuinfektionen im Main-Tauber Kreis der letzten sieben Tage entsprechend der täglichen Pressemeldung des Kreises:

TagSumme
Fälle0

Und hier die entsprechenden Fallzahlen des RKI nach Meldestand (der Tag, an dem sie erstmals gemeldet wurden):

TagSumme
Fälle0

Sowie die gleichen Fallzahlen des RKI nach Meldedatum (grob: der Tag, an dem sie bestätigt wurden):

TagSumme
Fälle0

Daten vom Landesgesundheitsamt übernehmen wir nicht automatisiert. Von daher stehen hier auch keine. Vermutlich ist es aber auch so schon kompliziert genug.

Lassen wir es also gut sein.

Weitere Informationen rund um Covid-19 (Corona, SARS-CoV-2), auch im Main-Tauber Kreis, gibt es auf der Übersichtsseite zu Coronavirus in Großrinderfeld und Main-Tauber Kreis.
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Informationen zu Omikron in Deutschland finden Sie hier.