Zulassung des Volksbegehrens (Foto: proBiene)
Zulassung des Volksbegehrens (Foto: proBiene)

Ein Kompromiss zwischen Befürwortern und Gegnern des Volksbegehrens Artenschutz zeichnet sich ab. Das Volksbegehren will daher bis Mitte Dezember die Unterschriftensammlung ruhen lassen.

Hintergrund ist ein Kompromissvorschlag der Landesregierung. Er greift wesentliche Forderungen des Volksbegehrens auf, verbindet diese jedoch mit der Kritik aus der Landwirtschaft. Eine klassische Einigung „in der Mitte“.

Damit nimmt das Volksbegehren den von mir bereits vermuteten Verlauf. Ich begrüße das sehr. Dabei gehe ich davon aus, dass mit dem Kompromiss tatsächlich Artenschutz möglich wird. Sowohl auf Seiten der Naturschützer wie auch der Landwirte wird es „Schmerzen“ geben. Auch für die Landwirte müssen diese aber verkraftbar sein. Ich hoffe, dass mit der Lösung auch die mittlerweile sehr verhärteten Fronten wieder befriedet werden. Denn das Problem ist so groß, dass man es nur gemeinsam erfolgreich meistern kann.

Der Kompromiss

Eckpunkte des Kompromisses sind klarere Regelungen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Zum Einen wird klargestellt, dass „ein Verbot nur in ausgewiesenen Naturschutzgebieten gelten (soll), nicht in sämtlichen Schtuzgebieten. Auch ist eine Reduktion der Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 40 bis 50 Prozent vorgesehen.“

Der umstrittene Anteil von Biolandbau soll von gefordert 50% auf 30 bis 40% reduziert werden, inkl. eine Berücksichtigung der Nachfrageentwicklung. Zusätzlich sollen mit einem Begrünungsgebot zusätzliche Flächen für den Artenschutz zur Verfügung gestellt werden. Diese Forderung fehlte ganz im Volksbegehren.

Hinweis: die Zitate entstammen einem SWR-Artikel, momentan so ziemlich die einzige frei zugängliche Quelle mit Detailinformationen.

Nachtrag: der Text des Papiers der Landesregierung ist mittlerweile auch beim Umweltministerium abrufbar (Stand 16.10.2019, 12:30 bei mir gesichert).

Schutzfläche in Großrinderfeld.

Auf den ersten Blick erscheinen mir die Vorschläge der Landesregierung sinnvoll und angemessen. Im Endeffekt kommt es aber natürlich auf den konkreten Gesetzestext an. Das sieht auch das Volksbegehren so: bis Mitte Dezember soll der Gesetzesentwurf der Landesregierung vorgelegt werden. Danach entscheiden sich Bauernverbände und Volksbegehren ob man den Kompromiss mitgehen kann.

Fazit für mich: der Druck seitens des Volksbegeherens war wichtig und wird den Artenschutz weiterbringen. Die Unterschriften sind nicht verloren, sondern haben viel bewirkt. Gleichfalls bahnt sich eine machbare Lösung für die Landwirtschaft an. Ich hoffe sehr, dass man zum Jahreswechsel eine konkrete Einigung finden wird.

Der Originaltext der Pressemitteilung des Volksbegehrens

Der Vollständigkeit (und besseren späteren Auffindbarkeit) halber gebe ich hier den Originaltext der Pressemitteilung wieder (Schrift in kursiv).

Der Trägerkreis des Volksbegehrens Artenschutz betrachtet das Eckpunktepapier der Landesregierung als ersten großen Erfolg – und begrüßt das damit verbundene Dialogangebot. „Durch unser Volksbegehren hat sich die Landesregierung erstmals zu einer verbindlichen Investitionsförderung im Rahmen einer Pestizidreduktionsstrategie und einem nennenswerten Ausbau der Öko-Landbauförderprogramme bekannt“, sagt Johannes Enssle, Volksbegehrens-Sprecher und Nabu-Landeschef.  „Das Volksbegehren Artenschutz – Rettet die Biene hat schon jetzt eine Wende in Baden-Württemberg eingeleitet, hin zu einem konsequenten Artenschutz und hin zu einer nachhaltigen und sozialen Landwirtschaft.“ Volksbegehrens-Initiator und proBiene-Geschäftsführer Tobias Miltenberger sagt: „Das Volksbegehren hat schon jetzt dazu geführt, dass sich in Baden-Württemberg was bewegt.“

Deswegen zeigt sich der Trägerkreis des Volksbegehrens offen für einen von der Landesregierung angebotenen Dialog. Die Minister Franz Unterstellter und Peter Hauk legten dem Trägerkreis heute ein Eckpunktepapier vor mit dem Angebot, über dessen Verwirklichung anstelle des Volksbegehrens-Gesetz zu sprechen. „Wir sehen den großen Schritt, den die Landesregierung für den Artenschutz anbietet und wollen diesen damit begonnen Weg weiter ermöglichen“, sagt Volksbegehrens-Sprecher David Gerstmeier.

Deswegen lässt sich der Trägerkreis, zu dem 14 Organisationen aus Umweltschutz und Landwirtschaft gehören, gemeinsam auf das Dialogangebot der Landesregierung ein. „Wir gehen den Weg, den die Landesregierung aufgezeigt hat, mit, wenn die Eckpunkte der Landesregierung bis Mitte Dezember in konkrete Maßnahmen gegossen sind und Bauernverbände, Imkerverbände und Regierungsfraktionen sich ebenfalls hinter diese Eckpunkte stellen“, sagt Volksbegehrens-Sprecherin und BUND-Landeschefin Dr. Brigitte Dahlbender. „Wir wollen, dass den Worten nun Taten folgen.“

Der Trägerkreis hat deswegen einstimmig beschlossen, dass er das Eckpunktepapier im Grundsatz anerkennt.

Unter folgenden Voraussetzungen mobilisiert er deshalb bis Mitte Dezember nicht weiter:

  1. Die Landesregierung wird wesentliche Punkte des Gesetzes bis Mitte Dezember 2019 konkretisieren
  2. Auch die Fraktionen von CDU und Grünen müssen sich zu dem Eckpunktepapier bekennen. Ebenso müssen sich alle landwirtschaftlichen Landnutzungsverbände bekennen, denn wir wollen gemeinsam in den Dialog.
  3. Vertreter*innen des Trägerkreises des Volksbegehrens Artenschutz werden bei der Ausformulierung und Konkretisierung des Gesetzentwurfs einbezogen.