Die Bundesregierung stellt im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets auch Mittel zum Ausbau der Kinder-Ganztagsbetreuung in Kita und Grundschule bereit. Allerdings fehlen aktuell noch die Gesetze, um das Geld auch wirklich abrufen zu können. Lesen Sie, wie weit wir im Moment wirklich sind.

Hier tagt der Bundesrat – seine Zustimmung ist für viele Gesetze notwendig. Auch die Regelungen der Corona-Förderung zum Ausbau der Kinder-Ganztagsbetreuung fallen darunter. (Foto: Bundesrat/Frank Breuer)

In vielen Veröffentlichungen wird der Eindruck erweckt, es könne „direkt losgehen“. Ganz so einfach ist es aber nicht. Dann zunächst einmal wurde am 3. Juni 2020 das Konjunkturpaket „nur“ im Koalitionsausschuss beschlossen. Das gibt zwar die Richtung vor. Bis zu konkreten Gesetzen ist es aber noch ein weiter Weg. Und die Gesetze sind Voraussetzung dafür, dass auch wirklich Geld abgerufen werden kann.

Die Vereinbarung im Koalitionsauschuß

Im Corona Konjunkturpaket sind die Förderungen der Ganztagsbetreung vor allem in Punkten 27 und 28 dargestellt. Unter Punkt 27 geht es um den Ausbau der Kitas. Für die soll eine Milliarde zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Punkt 28 behandelt die Schulkinder. Für Ausbau der Ganztagsbetreuung, aber auch der Digitalisierung der Schulen, sind in 2020 und 2021 zusätzlich 2 Milliarden Euro vorgesehen. Hinweis: Details zur Ganztagsbetreuung an der Grundschule finden sich hier.

Wichtig: in beiden Fällen ist die Förderung primär für 2020 und 2021 vorgesehen. Aber auch darüber hinaus sollen weitere Förderungen erfolgen (explizit in Punkt 28 genannt).

Was muss nun passieren?

Eine Menge! Denn Geld kann erst aufgrund von Gesetzen ausgezahlt werden. In etwas vereinfachter Form sind folgende Schritte notwendig:

  • Der Beschluss des Koalitionsausschuss muss in Entwürfe für Bundesgesetze umgewandelt werden. Viele Änderungen sind erforderlich. Das ist durchaus zeitintensiv.
  • Im Bundestag muss mindestens zwei Mal über die Bundesgesetze beraten werden.
  • Fragen der Kinderbetreuung und der Schulbildung sind Ländersache. Daher muss auch der Bundesrat beraten und zustimmen. Dabei kann es Änderungen geben.
  • Das Bundesgesetz kann außerdem nur bestimmen, unter welchen Bedingungen Geld an die Länder ausgezahlt wird. Der Bund hat keine Kompetenz, die genaue Verwendung zu regeln.
  • Daher ist hier mit Verabschiedung des Bundesgesetzes nur ein Zwischenschritt getan. Es kann lediglich den Rahmen vorgeben, in dem die Länder sich bewegen können.
  • (Erst) nachdem das Bundesgesetz beschlossen ist, können die Länder eigene Gesetzesvorschläge erarbeiten und die landesspezifischen Details festlegen.
  • Jedes Land wird dabei vermutlich leicht unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Es ist anzunehmen, dass auch Spitzenorganisationen, z.B. der Kommunen, mitreden dürfen.
  • Nun kommt es auf Landesrecht an. Hier betrachten wir nur Baden-Württemberg.
  • Das Landesgesetz muss hier nun auch mindestens zwei Mal beraten werden. Dabei kann es wieder Änderungen geben. Zumindest werden aber zwei Parlamentssitzungen benötigt (die z.B. in der Sommerpause nicht stattfinden).
  • Dann kann das Gesetz veröffentlicht werden und Gültigkeit erlangen.
  • Manchmal, wenn es eben doch nicht so ganz eindeutig ist, gibt es anschließen noch Ausführungshinweise der Ministerien.
  • Nun erst steht fest, was genau gefördert wird, und wie es beantragt werden kann. Die Anspruchsberechtigten (vermutlich primär die Städte und Gemeinden) können nun einen Antrag stellen.

Man sieht – der Weg ist weit. Ganz so schnell kann es nicht gehen. Die Senkung der Mehrwertsteuer konnte noch relativ rasch erfolgen, da hier keine Landes-Gesetzgebung stattfand. Daher ist die schon gültig. Das trifft aber auf viele Maßnahmen des Corona-Konjunkturpakets noch nicht zu.

Wo stehen wir aktuell bei der Förderung der Ganztagsbetreuung?

Wir sind gerade erst mitten im Prozess.

Beim Ausbau der Kita-Betreuung sieht es vergleichsweise gut aus. Die Haushaltsmittel sind freigegeben, und ein entsprechendes Bundesgesetz existiert. Damit kann der Landesgesetzgeber „loslegen“. Im Land stehen wir aber noch am Anfang. Vermutlich werden konkrete Anträge daher erst im Herbst gestellt werden können.

Schlechter scheint es bei der Förderung des Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen auszusehen. Auch hier sind die Haushaltsmittel freigegeben. Ein entsprechendes Bundesgesetz existiert jedoch noch nicht. Auf der Seite der Bundesregierung zur Ganztagsbetreuung an Grundschulen heißt es dazu (Datiert: 07.02.2020, Abruf: 2020-08-02, 15:30 Uhr): „Das entsprechende Gesetz befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren und soll voraussichtlich nach der Sommerpause verabschiedet werden„. Interessanterweise findet sich einen Absatz später allerdings: „Der Bund arbeitet nun mit Hochdruck daran, diese in den nächsten drei bis vier Wochen mit den zuständigen Landesministerien abzuschließen, sodass Kommunen voraussichtlich ab August dieses Jahres die ersten Mittel für den Ganztagsausbau abrufen können„. Aktuell befinden wir uns bereits im August.

Ein Abruf ohne gesetzliche Grundlage ist eigentlich nicht denkbar. Eventuell sollen hier behelfsweise bereits existierenden Ansätze zur Ganztagsbetreuung genutzt werden. Die sind allerdings auch noch nicht final. Dazu muss man beachten, dass alle genannten Informationen auf den 7. Juli 2020 datieren. Vielleicht gab es damals noch die Hoffnung auf Sondersitzungen des Bundestages in der Sommerpause. Ich konnte allerdings keinerlei Bundestagsdrucksachen in diese Richtung finden, und auch die Tagesordnung der Juli-Bundestagssitzungen deutet nicht darauf hin (sollte ich hier falsch liegen, erbitte ich einen kurzen Hinweis). Die nächste reguläre Sitzungswoche des Bundestages ist vom 07. bis 11. September 2020.

Grundschule in Großrinderfeld
Die Grundschule in Großrinderfeld. Auch hier soll es ab 2025 Ganztagsbetreuung geben. Für den Ausbau sind Fördermittel wichtig. (Foto: Rainer Gerhards)

Fazit

Es wird Fördermittel für den Ausbau der Kinder-Ganztagsbetreuung geben, sowohl für Kitas als auch Grundschulen oder dort angegliederte Horte. Das sind gerade für Großrinderfeld erfreuliche Nachrichten. Immerhin gibt es dort in nächster Zeit voraussichtlich hohen Finanzbedarf. Wie genau die Förderung allerdings aussieht, ist noch nicht endgültig absehbar. Insofern bleibt hier wohl nur Abwarten.

Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: denn zum Einen wird zumindest ein Teil der Mittel sehr kurzfristig zur Verfügung stehen, was rasches Vorgehen erfordert. Auf der anderen Seite ist es üblicherweise nicht mehr möglich, bereits begonnene Arbeiten nachträglich noch fördern zu lassen. Das spricht dafür, zunächst nichts zu machen. Vermutlich wird man sich mit einem Mix aus unbedingt nötigen ersten Planungsschritten behelfen müssen. Gibt es dann im Herbst Klarheit über die Förderbedingungen, wird man kurzfristig entsprechende Anträge stellen und Projekte starten müssen. Von zu frühen Detail-Festlegungen sollte man angesichts dieser Situation vermutlich absehen.

Weitere Quellen

Hier werden weitere nützliche Quellen genannt, die bei der Recherche zum Artikel verwendet wurden, jedoch nicht unmittelbar im Artikel als Beleg Verwendung fanden.