Kaum ist es um SuedLink bei uns ruhig geworden, schafft man sich wieder Diskussionsstoff. Baukosten sollen gespart werden. Dafür muss man aber Straßen aufreißen, mit allen Unannehmlichkeiten für den Verkehr. Die Kostenersparnis dürfte minimal sein, der Ärger über Umleitung eher maximal. Ist das jetzt wirklich notwendig? Hebt man damit die Akzeptanz für den, nötigen, Bau der Stromtrassen? Ich meine: „nein“. Man erweist dem Projekt damit einen Bärendienst.

Ich begleite das SuedLink-Projekt seit Jahren mit großem Interesse und Überzeugung aber auch der nötigen kritischen Distanz. Die Energiewende ist dringend notwendig, und SuedLink ist ein zentrales Element, um Strom aus Windkraft im Norden in die Verbrauchszentren im Süden zu bringen. Dass ein solches Großprojekt Herausforderungen mit sich bringt, ist selbstverständlich – und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort haben diese bislang auch in beeindruckender Weise mitgetragen – nicht immer ohne Widerspruch, aber mit meiner Meinung nach letztlich tragbaren Kompromissen.
Umso bedauerlicher ist es, wenn jetzt an einem vergleichsweise kleinen Punkt erneut eine größere Diskussion beginnt – mit völlig offenem Ausgang. Die aktuellen Überlegung über Planänderungen lassen viele ratlos zurück.
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In der vergangenen Woche habe ich an einer Veranstaltung der EnBW für Gemeinderäte teilgenommen. Dort wurde mit Nachdruck betont, wie entscheidend die öffentliche Akzeptanz für das Gelingen der Energiewende ist – und natürlich auch eine wirtschaftliche Umsetzung. Aber es geht dabei nicht um Mikro-Optimierungen oder Einzelsituationen, sondern um strategische Fragen. Die Diskussionen über Freileitungen statt Erdverkabelung bei künftigen Trassen zeigen: Dort könnten wirklich Milliarden eingespart werden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann selbst sagte beim offiziellen SuedLink Spatenstich in Grünsfeld im September 2024: „Ich bin kein Fan der Erdverkabelung.“
Zugleich machte Kretschmann deutlich, dass die Energiewende seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auch eine sicherheits- und geopolitische Dimension bekommen hat. Sie dient nicht mehr nur dem Klimaschutz, sondern auch der Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und damit dem Schutz unserer Freiheit. Dieser Satz ist im Hinblick auf den historischen Wandel in den USA wichtiger denn je. Gerade vor diesem Hintergrund braucht es Vertrauen in die Entscheidungen, die beim Ausbau der Infrastruktur getroffen werden – und ein Gespür für Verhältnismäßigkeit.
Die jetzt diskutierte Änderung in Großrinderfeld wirkt dagegen klein – und wirft umso mehr Fragen auf. Das Verfahren zur Änderung des bereits genehmigten Plans ist aufwendig und bindet viele Beteiligte: SuedLink, Regierungspräsidium, Landratsamt, Gemeinde, Bundesnetzagentur. Es erschließt sich mir nicht, wie das günstiger sein soll als das bereits genehmigte Microtunneling, zumal viele Feldwege entlang der Trasse ebenfalls unterirdisch gequert werden.
Hinzu kommen weitere Fragen: Ist dieser Vorschlag zur offenen Bauweise wirklich eine Ausnahme, oder wird auch an anderen Stellen in Abschnitt E2 ähnlich geplant? Wird der Planänderungsantrag durch weitere Änderungen oder Verzögerungen – etwa rund um die nicht realisierte Bodenaufbereitungsanlage – noch umfangreicher? Und vor allem: Wie viel Einsparung steht hier tatsächlich am Ende? Der Aufwand mit all seinen Beteiligten ist erheblich, der Nutzen bislang nicht klar. Hier wäre mehr Transparenz seitens SuedLink wünschenswert. Auch das Verfahren mit der Auslegung der Planänderung ausschließlich auf einer meist nur Insidern bekannten Webseite wirkt in diesem Zusammenhang verwunderlich.
Kurzum: es braucht klare Kommunikation, eine nachvollziehbare Linie – und eine Abwägung, bei der die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Was es nicht braucht sind meiner Meinung nach unnötige Diskussionen um im Verhältnis sehr kleine Beträge. Sonst verlieren wir Unterstützung für ein Projekt, das wir uns gesellschaftlich eigentlich nicht leisten können zu gefährden.
Ihr Rainer Gerhards