Anscheinend nicht ganz so gut. Der Ausbau ruht, die Toni-Läden in Tauberbischofsheim und Wertheim sind geschlossen. Dennoch ist der Kreis guter Dinge und erwartet im Jahresverlauf deutlichen Zubau.

Toni-Pressesprecher Olaf Urban-Rühmeier bestätigte auf Anfrage, dass die Toni-Shops in Wertheim und Tauberbischofsheim geschlossen sind. Auf der toni-Webseite wird aber zumindest der Shop in Tauberbischofsheim noch genannt (letzter Abruf: 31.03.2025 18:31).
Hintergrund der ganze Unklarheiten ist, dass der weitere Glasfaserausbau der BBV nochmals verändert aufgestellt wird. Im Dezember 2024 hat das Unternehmen Unsere Grüne Glasfaser (UGG) die Unternehmensgruppe Infrafibre Germany (IFG) mit ihren Konzerngesellschaften LEONET und Breitbandversorgung Deutschland (BBV) übernommen. Die UGG ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Allianz und Telefónica Gruppe – durchaus finanzstarke Unternehmen. Gemeinsam sollen in den nächsten Jahren 2,2 Millionen Haushalte in meist ländlichen Regionen Deutschlands mit Glasfaser versorgt werden, unter anderem auch der Main-Tauber-Kreis. Derzeit werden die Pläne der BBV und der UGG aufeinander abgestimmt. „Im Zuge dessen wurden auch alle anstehenden Ausbau- und Vermarktungspläne gemeinsam betrachtet.“, so Urban-Rühmeier „Man bitte um Verständnis, dass deshalb heute noch keine konkreten Aussagen zu Baustarts sowie weiteren Projekten [getroffen werden können“.
Markus Moll, Pressesprecher des Main Tauber Kreises erwartet allerdings, dass sich „im Jahresverlauf 2025 die Anzahl neu hergestellter Glasfaseranschlüsse im Main-Tauber-Kreis deutlich erhöhen sollte.“ Sobald die Abstimmungen zwischen BBV und UGG erfolgt sind, wird die Bevölkerung durch die Unternehmen über die weiteren Ausbauschritte informiert. Der Kreis selbst verfüge auch aktuell über keine zusätzlichen Informationen.
Moll verweist dabei auf die Besonderheiten des eigenwirtschatflichen Ausbaus .“ Bei diesem können keine vertraglich einklagbaren Ausbaufristen vereinbart werden“, so der Pressesprecher des Kreises, „da der Ausbau durch die BBV erfolgt, die Kosten hierfür also rein privatwirtschaftlich aufgebracht werden.“ Zwischen den Kommunen/dem Landkreis und der BBV besteht im eigenwirtschaftlichen Ausbau kein Auftragsverhältnis. Zudem können Verträge, die Bürgerinnen und Bürger mit der BBV abgeschlossen haben, von den Gemeinden bzw. dem Landkreis nicht gekündigt werden.
„Auch wir hätten uns gewünscht“, so Moll weiter, „dass der Ausbau zügiger voranschreitet. Leider haben wir auf die Ausbauplanung keinen direkten Einfluss. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass die BBV den Ausbau im Main-Tauber-Kreis wie geplant umsetzt.“
Dennoch eine unsichere Situation…
Klar dürfte aber auch sein: so richtig sicher ist im Moment leider wenig. Die Zuversicht des Kreises ruht sicherlich auf einem guten Fundament, da der Ausbau hier gut angenommen wurde und ein relativ großes Kundenpotential bereits unter Vertrag steht. Auch sind Allianz und Telefonica sehr leistungsfähige Unternehmen, die sicherlich das Potential zum Ausbau haben.
Auf der anderen Seite ist die vom toni-Pressesprecher getroffene Aussage „alle anstehenden Ausbau- und Vermarktungspläne werden gemeinsam betrachtet“ eine Floskel, die auch auf einen möglichen Rückzug aus dem Projekt hindeuten kann. Auf meine Rückfrage, ob die Aufgabe des Projekts möglich sei, erhielt ich keine Antwort von Olaf Urban-Rühmeier. Bedenklich stimmt auch die wenig professionelle Kommunikation von toni mit den potentiellen Kunden.
Der Kreis hat hier – leider – wenig Handlungsmöglichkeiten. An der Tauber wird der Breitbandausbau aber immer schon zielstrebig und mit Verhandlungsgeschick angegangen. Selbst im schlimmsten Fall, wenn toni „aussteigen“ würde, bieten sich noch andere Optionen. So wird im Bund ja gerade erst über ein neues Förderprogramm für den Breitbandausbau verhandelt. Es ist recht sicher anzunehmen, dass dieses Paket durchkommen wird. Damit sind dann die Karten neu gemischt. Vielleicht wartet das Konsortium hinter toni hier auch auf die Ergebnisse.
Ich habe toni bereits einen Auftrag erteilt – was nun?
Wer noch relativ gut mit seinem aktuellen Internet-Angebot leben kann, hat eigentlich gar keinen Handlungsbedarf und kann in Ruhe abwarten. In anderen Fälle wird man vermutlich den Vertrag kündigen können, da der Ausbau sich ja deutlich verzögert und damit eine wesentliche Grundlage des Vertrages nicht mehr gegeben ist. Genaueres dazu kann man vermutlich bei der Verbraucherzentrale erfahren oder, wie immer, einen Rechtsanwalt beauftragen.
Wer dringend schnelles Internet benötigt, kann die überall im Kreis verfügbaren Anbieter von Internet via Satellit nutzen. Eine europäische Alternative gibt es hier beispielsweise mit Eutelsat und seinem Privatkundenangebot. Wer die aktuellen politischen Unsicherheiten in den USA nicht scheut, könnte auch den StarLink Dienst von Milliardär Elon Musk abonnieren.
Die Geschichte des Breitband-Internets im Main-Tauber Kreis
Der Breitbandausbau im Main-Tauber-Kreis ist seit langem im Fokus und bereits weit vorangeschritten. Nach der Umsetzung des Basiskonzepts mit mindestens 50 Mbit/s durch die Telekom Deutschland GmbH in den Jahren 2017 bis 2020 erfolgte von 2019 bis Mitte 2020 die Anbindung aller 82 Schulen im Landkreis mit einem direkten Glasfaseranschluss. Von 2021 bis 2024 wurden darüber hinaus noch über 600 Adressen, die meist im Außenbereich oder an den Ortsrändern liegen, sowie Gewerbegebiete im Landkreis mit einem direkten Glasfaseranschluss versorgt.
Im Jahr 2021 startete der eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau der Breitbandversorgung Deutschland (BBV). Die BBV erreichte relativ schnell das notwendige Vorvermarktungsziel von 20 Prozent aller Haushalte und Gewerbebetriebe, sodass sie mit den Vorbereitungen zum privatwirtschaftlich finanzierten Anschluss aller Liegenschaften und Gebäude mit Glasfaser im gesamten Kreis auf privatwirtschaftlicher Ebene beginnen konnte.
Der anvisierte Ausbauplan der BBV, in den Jahren 2022-2026 insgesamt rund 135 Millionen in die Glasfasererschließung aller 18 Kommunen zu investieren, musste allerdings aufgrund der Schwierigkeiten im Finanzmarkt (gestiegene Zinsen) und der Baubranche (gestiegene Baukosten und Fachkräftemangel) angepasst werden. Die Ausbauaktivitäten starteten im Landkreis daher mit Verspätung. Der Glasfaserausbau in Wittighausen wurde im August 2024 begonnen, der Ausbau in Creglingen läuft seit September 2024. Zuletzt wurde bekanntgegeben, dass die BBV sich von ihrem bisherigen Baupartner, der Terrado GmbH, getrennt hat und für Wittighausen mit Hochdruck einen neuen Baupartner sucht. Die ersten Schritte zum Ausbau der Städte Tauberbischofsheim und Wertheim sind durch die Errichtung von Point-of-Presence-Standorten (PoP-Standorte) bereits erfolgt.
Nachdem im Dezember 2024 die UGG Unternehmensgruppe unter anderem die BBV/toni übernommen hat, wird nun innerhalb der UGG das weitere Vorgehen abgestimmt.
Beim bisherigen toni-Ausbau kam es übrigens zu erheblichen Problemen unter anderem in Wittighausen. Die Fränkischen Nachrichten titelten: „Wittighausen: Vertrauensverhältnis zu BBH ist zerrüttet„.