Das 60-Milliarden-Loch im Bundeshaushalt führte am heutigen Dienstag zur Haushaltssperre. So liest man es allenthalben. „Nichts Genaues weiß man nicht“ beschreibt die aktuelle Situation ganz gut. Was aber bedeutet die ganze Verwirrung für den Gemeindehaushalt? Auch in Großrinderfeld wird der Haushalt für 2024 aktuell beraten und soll in Kürze beschlossen werden. Hier einer erste Einschätzung.

KITA in Großrinderfeld (mit Krippe und Kindergarten)
Die Kita in Großrinderfeld. Kinderbetreuung ist ein großer Posten in den Haushalten sehr vieler Gemeinden. Die aktuellen finanziellen Unsicherheiten im Bund erschweren hier nochmals die Planung. (Archivbild: Rainer Gerhards)

Kurz und Knapp

  • Im Bundeshaushalt fehlt auf einmal sehr viel Geld.
  • Dadurch könnte die Wirtschaft schwächeln und Steuereinnahmen sinken.
  • Die Gemeinden erhalten Förder-Geld vom Bund. Ob und wie viel kommt ist jetzt noch unsicherer.
  • Es gibt Ausgaben, die muss eine Gemeinde machen („Pflichtaufgaben“). Kinderbetreuung zum Beispiel.
  • Für die Pflichtausgaben muss viel Geld der Gemeinde ausgegeben werden.
  • Die Ausgaben der Gemeinde zu finanzieren ist nicht einfach.
  • Durch die Situation im Bund sind Einnahmen und Förderungen nun noch unsicherer.
  • Deshalb wird die Planung der Gemeindefinanzen für 2024 noch viel schwieriger.

Woher rühren die Finanzprobleme im Bund?

Das Bundesverfassungsgericht hat am 15. November 2021 entschieden, dass die Nutzung von ehemals für Corona-Hilfen vorgesehenen 60 Milliarden für den Klima- und Transformationsfond (KTF) nicht möglich ist. Dadurch entsteht ein großes Finanzloch. Der KTF wird dabei durchaus für eine Vielzahl von Aufgaben verwendet, die nicht immer auf den ersten Blick mit dem Klimaschutz im Zusammenhang zu stehen scheinen. Außerdem scheint das Urteil auch den noch wesentlich größeren „Wirtschaftsstabilisierungsfond“ zu betreffen. Das würde die Probleme der Ampel noch einmal deutlich ausweiten.

Darum hat das Finanzministerium heute früh die Notbremse gezogen und fast alle Teile des Bundeshaushalts gesperrt. Damit können keine finanziellen Zusagen und Verträge für die Zukunft mehr getroffen werden. In Berlin bemüht man sich natürlich schnellstmöglich um die Klärung der Lage. Das dürfte im Hinblick auf bisherige strittige Probleme in der Ampel allerdings nicht ganz rasch gehen.

Das ganz kurz zur Lage. Wer Details mag, findet sie in vielfältiger Form aktuell im Internet und in der Tagespresse.

Was bedeutet das für eine Gemeinde wie Großrinderfeld?

Das Gute zuerst. Alle Förderzusagen, die wir schon rechtskräftig erhalten haben, werden auch Bestand haben. Etwas Anderes ist kaum vorstellbar.

Wesentliche Risikolagen

Alles Zukünftige ist nun aber weiter unsicher. Das hat zwei unbestreitbare Gründe.

  1. Wirtschaftswissenschaftler befürchten einen Abschwung, wenn die bereits fest geplanten, aber noch nicht rechtskräftig zugesagten, Fördermittel nicht abgerufen werden können. Auch wichtige Unternehmensansiedelungen stehen womöglich zur Diskussion. Beispiel: die Intel-Ansiedelung in Magdeburg. Das könnte zu niedrigeren Steuereinnahmen führen.
  2. Das Geld des Bundes wird oft an die Länder überwiesen, die es dann über eigene Förderprogramme an die Gemeinden weiterverteilen. Kommt weniger oder gar kein Geld vom Bund, gibt es auch weniger Landesförderungen. In der Diskussion standen z.B. die sogenannten GAK-Mittel. Dort hat man sich zwar am 17.11. im Bundestag darauf geeinigt, sie nur „moderater“ zu kürzen. Ob das Bestand haben kann, ist nun aber wieder fraglich. Wie auch vieles Andere.

Weshalb ist das für Gemeinden schwierig?

Auch die Gemeinden müssen Ihren Haushalt rechtzeitig und rechtsgültig verabschieden. Anders als im Bund ist hier möglicher Trickserei mit Schattenhaushalten aber eine enge Grenze gesetzt. So muss der kommunale Haushalt auch vom Landratsamt genehmigt werden, um gültig zu sein.

Konkret für Großrinderfeld ergeben sich durch die Unklarheiten im Bund eine ganze Reihe von Unwägbarkeiten.

Gemeindliche Einnahmen

Eine unserer wichtigsten Einnahmequellen ist der Gemeindeanteil an Lohn- und Einkommenssteuer. Geht das Steueraufkommen im Bund zurück, so erhalten auch wir weniger Geld. Etwas dagegen tun können wir nicht, das liegt quasi komplett außerhalb unserer Verantwortung.

Trübt sich die Konjunktur rasch ein, wird die Einnahmeseite knapper. Das sind Risiken über möglicherweise steigende Sozialausgaben nicht einmal berücksichtigt.

Die Ausgabenseite

Unsere Ausgaben bleiben aber im Wesentlichen gleich. Das liegt daran, dass die „großen Brocken“ im Gemeindehaushalt Pflichtaufgaben sind. Wichtigster Posten: die Kinderbetreuung. Sowohl die KiTa-Investitionen als auch die für die Grundschulbetreuung sind der mit Abstand dickste Ausgabenposten für die Gemeinde.

Sie sind gesetzlich vorgegeben, und haben mit 2025 auch einen strammen Zeitplan – auch wenn der Bund beispielsweise bei der Betreuung der Grundschulkinder schon wieder etwas zurückrudert. Ursprünglich war geplant, bis 31.12.2025 eine verbindliche Ganztags-Betreuung zu garantieren. Das wurde mit dem GaFöG nun aber abgestuft etwas nach hinten geschoben. Das hilft uns in Großrinderfeld aber nur wenig, da wir umfangreich Bauen müssen, um dem Gesetz zu entsprechen.

Förderungen?

Salopp gesagt gilt gerade bei der Kinderbetreuung „Bund und Land bestellen, die Gemeinde muss zahlen“. Auch wenn das nicht ganz stimmt, trifft es doch den Kern der Sache. Darum haben auch sehr sehr viele Kommunen, landauf und landab, Probleme, diese Kosten zu stemmen (Hintergrundartikel dazu).

Um das Ganze etwas abzufedern, gibt es Förderprogramme. Allerdings: bereits aktuell gab es wenig Förderprogramme. Gewisse Mittel sind im nächsten Jahr zu erwarten, und Großrinderfeld arbeitet gerade hart daran, zumindest dann den Zuschlag erhalten zu können. Denn die Mittel sind heiß begehrt, und es gilt „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Es wird voraussichtlich nur für die schnellsten Kommunen reichen.

Durch das neue Milliardenloch im Bundeshaushalt ist jetzt aber sehr unsicher, ob diese Förderungen überhaupt noch kommen werden. Und Klarheit darüber wird man vermutlich im Jahr 2023 nicht mehr erhalten. Wir müssen aber gleichzeitig unseren Haushalt verabschieden.

Das ist eine sehr schwierige Situation, da eben „aufschieben“ auch keine Option ist – die gesetzlichen Fristen stehen ja fest.

Die gemeindlichen Haushaltsplanungen sind weit gediehen. Die Verabschiedung des Haushalts 2024 wird im Dezember erfolgen. Die Umfeldbedingungen waren ohnehin nicht einfach. Nun ist die Frage nochmals schwieriger geworden. Der Gemeinderat wird hier hart um eine gute Lösung ringen müssen.

Ist das jetzt nur ein Großrinderfelder Problem?

Nein, keinesfalls. Viele Gemeinde, und auch große Städte, werden nun zusätzliche Probleme haben, einen verlässlichen Haushalt aufzustellen. Auch und gerade die Kosten der Kinderbetreuung sind für viele Kommunen ein wichtiges Thema. Von daher gibt es auch eine gewisse Hoffnung darauf, dass Bund und Land zu Lösungen kommen müssen, die die Nöte von Städten und Gemeinden berücksichtigen. Anders ist es eigentlich kaum vorstellbar.

Viel hängt davon ab, ob die Ampel sich diesmal schnell und sachorientiert einigt.