Aus einer Mücke einen Elefanten machen – das können nicht nur Menschen, sondern auch KIs.
Neulich hatte ich im Berufsalltag genau so einen Fall: Wir suchten lange nach einer „raffinierten“ Ursache für ein hartnäckiges Problem. Mehrere KI-Assistenten bestätigten diese Richtung – klang alles sehr plausibel. Am Ende war es eine kleine, einfache Unachtsamkeit. Ein Handgriff, Problem gelöst. Spannend ist weniger die Technik als die Erkenntnis: KI ahmt unsere Denkmuster nach – auch die, die uns aufs Glatteis führen.

Zu kompliziert denken können nicht nur Menschen, sondern auch KIs. (Symbolbild: Rainer Gerhards via KI)

Wer die technische Langfassung mag: Die ausführliche Analyse (auf Englisch) steht hier:
https://rainer.gerhards.net/2025/08/when-humans-and-ais-overthink-a-complex-rsyslog-crash-that-wasnt.html

Warum KI denselben „Mücke-Elefant“-Trick macht wie wir

  • KI lernt aus dem, was häufig im Netz steht. Was oft zusammen vorkommt, hält sie für wahrscheinlicher. Seltene Probleme werden online schnell mit „komplizierten“ Erklärungen verknüpft – und genau das spiegelt KI zurück.
  • Wir Menschen ticken ähnlich. Aus Erfahrung tippen wir gern auf das Komplizierte – zumindest wenn es in der Vergangenheit so war. Sagen dann mehrere KIs Ähnliches, dann fühlt sich das „richtig“ an – ist aber noch kein Beweis.
  • Ergebnis: Mensch und KI verstärken sich gegenseitig. Wir starren gemeinsam in die falsche Richtung und übersehen das Naheliegende.

Ich habe die eigentliche Ursache übrigens gefunden, als ich eigentlich etwas anderes nachsehen wollte. Dieser kleine Perspektivwechsel hat die Gedankenschleife gebrochen – und plötzlich lag die Mücke bildlich gesprochen auf der Hand.

Wie man KI im Alltag klug nutzt – ohne Elefanten zu züchten

KI kann viel Arbeit abnehmen: zusammenfassen, erklären, formulieren, Ideen sortieren. Mit Plan eingesetzt, ist sie sehr hilfreich. Ein paar einfache Regeln, die überall funktionieren – zu Hause, im Verein oder im Betrieb:

  1. Erst das Naheliegende prüfen
    Bevor man groß plant: „Was sind drei einfache Erklärungen, die ich zuerst prüfen sollte?“
  2. Gegenmeinung einholen
    KI ausdrücklich bitten: „Welche alternativen Sichtweisen gibt es? Was spricht gegen deine erste Einschätzung?“
  3. Belege verlangen
    Statt schöner Geschichten: „Erkläre mir in 5 kurzen Schritten, wie es zu deinem Ergebnis kommt.“
  4. Zwei-Quellen-Prinzip
    Wichtige Antworten immer gegenprüfen: zweite KI, verlässliche Webseite oder eine Fachperson. Es schadet auch keinesfalls, die KI nach ihren Quellen zu fragen – und die dann nachzuprüfen (gibt oft Überraschungen!)
  5. Privates schützen
    Keine sensiblen Daten (Gesundheit, Kontonummern, Verträge) in KI-Chats tippen.
  6. KI für ihre Stärken nutzen
    Klartext statt Amtsdeutsch, E-Mails verbessern, Texte kürzen, Übersetzungen, Checklisten – ja.
    Endgültige Diagnosen, Rechtsfragen, heikle Entscheidungen – nur mit Fachleuten.

Konkrete Beispiele vor Ort

  • Bürgerpost verstehen: „Erkläre dieses Schreiben in einfachen Worten.“
  • Vereine & Schulen: Einladungen, Aushänge, kurze Zusammenfassungen.
  • Handel & Handwerk: Angebots-E-Mails klarer formulieren, Website-Abschnitte verbessern.
  • Seniorinnen & Senioren: Amtspost zusammenfassen lassen – in klarer Sprache.

KI nimmt Arbeit ab – den Kopf ersetzt sie nicht.

Woran man merkt, dass man gerade Elefanten baut

  • Man liest viel – aber es bleibt vage und ohne klaren Ablauf.
  • Mehrere KIs sagen Ähnliches – ohne nachvollziehbare Schritte oder Beispiele.
  • Man selbst war von Anfang an auf eine Richtung festgelegt.

Gegenmittel: kurz innehalten, eine einfache Erklärung prüfen, eine Gegenmeinung anfordern, konkrete Schritte verlangen.

Was ich daraus mitnehme

  • KI spiegelt uns. Sie ist stark, wenn wir klare Fragen stellen und Grenzen kennen.
  • Eine gewisse „Voreingenommenheit“ ist menschlich. KI übernimmt unsere Vorannahmen, wenn wir sie nicht bewusst ausbalancieren. Daher auch in der ersten Frage bloß keine Tendenz vorgeben!
  • Struktur hilft. Kleine Regeln, klare Sprache und ein zweiter Blick von außen verhindern, dass aus Mücken Elefanten werden.

Die lange Fachgeschichte dazu – mit allen Details – gibt’s hier:
https://rainer.gerhards.net/2025/08/when-humans-and-ais-overthink-a-complex-rsyslog-crash-that-wasnt.html

Mein Fazit: KI kann helfen. Und sie hilft umso besser, je einfacher, klarer und überprüfbarer wir gemeinsam denken – Mensch und Maschine.