Kaum anders kann man das beschreiben, was nun wieder von Bund und Land „angerichtet“ wurde. Das Förderprogramm für Kommunen für die Grundschul-Kindertagesbetreuung ist dramatisch unterfinanziert. Deswegen soll nun das Verteilungsverfahren geändert werden – und das Losglück darüber entscheiden, welche Gemeinden Förderung bekommen und welche nicht. Das ist bitter für alle, vor allem aber für jene Gemeinden, die große Anstrengungen unternommen hatten, um den Antrag als Erste stellen zu können – dann ursprünglich sollte die Reihenfolge das Antragseingangs über die Zuteilung entscheiden.

Grundschule in Großrinderfeld
Ab dem Schuljahr 2026/27 beginnt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen wie hier in Großrinderfeld. Das wurde von Bund und Land verordnet, die immensen Kosten müssen aber die Kommunen tragen.(Foto: Rainer Gerhards)

Schon ab dem Schuljahr 2026/27 soll der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern stufenweise eingeführt werden, zunächst für die ersten Klassen. Doch erst zwei Jahre vor diesem Stichtag kam das dazu nötige Förderprogramm, das rund 380 Millionen Euro für Baden-Württemberg bereitstellt. Dieses Programm sollte den zusätzlich benötigten Platz schaffen, um die Ganztagsbetreuung an Grundschulen zu ermöglichen.

Allerdings melden die baden-württembergischen Regierungspräsidien nun, dass das Programm dreifach überzeichnet ist. Als Reaktion darauf haben Bund und Land festgelegt, dass das Losverfahren darüber entscheiden wird, in welcher Reihenfolge die Baumaßnahmen auf Förderfähigkeit geprüft werden. Dies bedeutet, dass viele Schulträger keine Förderung erhalten werden – laut Gemeindetag Baden-Württemberg einige Hundert. Dabei haben viele Schulträger, wie die Gemeinde Hemmingen, bereits mit den Infrastrukturmaßnahmen begonnen, um den Rechtsanspruch in zwei Jahren überhaupt gerecht werden zu können. Hemmingen hat bereits eine Firma beauftragt, den örtlichen Hort zu vergrößern. 2,2 Millionen Euro wird das Vorhaben kosten, wobei man davon ausging, 75 Prozent der Kosten über das Förderprogramm finanzieren zu können. Ob dieser Plan aufgeht, hängt nun vom Los ab.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg kritisiert scharf, dass die Verantwortung für diese Situation sowohl beim Bund als auch beim Land liegt. In der Pressemitteilung des Gemeindetags Baden-Württemberg heißt es: „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an den Grundschulen ist ein Beispiel für politische Versprechen, die in keiner Weise von denen, die sie beschlossen haben, auch gedeckt werden. Damit ist er Ausdruck einer unverantwortlichen Politikgestaltung, die sich sehenden Auges vollzogen hat. Mit dem angekündigten Losverfahren entsteht nun ein weiterer großer Vertrauensverlust der Städte und Gemeinden in die Zuverlässigkeit von Bund und Land.

Die Kommunalen Landesverbände fordern daher, den Rechtsanspruch zurückzunehmen oder zumindest deutlich zu verschieben. Sie appellieren an das Land, einzuspringen, wenn die Fördermittel des Bundes ausgeschöpft sind. Kritik kommt auch von den Oppositionsparteien. Andreas Stoch, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag, betont: „Der Riesenbedarf der Kommunen beim Ganztagsausbau war absehbar.“ Er kritisiert das Land dafür, nicht ausreichend eigene Mittel bereitzustellen und bezeichnet das Losverfahren als „Tombola“, die die Kommunen benachteiligt. Auch Dennis Birnstock von der FDP/DVP-Fraktion sieht in dem Losverfahren einen Beweis für die Planlosigkeit der Landesregierung in Bezug auf den Ganztagsanspruch und fordert transparente und faire Vergabeverfahren.

Die Situation zeigt deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um den betroffenen Kommunen Planungssicherheit zu geben. Leider werden die Förderprogramme des besonders Bundes immer weniger planbar. Bereits in den letzten beiden Jahren wurden Förderprogramme sehr kurzfristig gestrichen oder in in den Regularien abgeändert. Zeit, sich darauf einzustellen, blieb den Betroffenen nicht.

Mit einigen Informationen aus dem Fachmagazin „die:gemeinde“.