Die Arbeiten an der Renaturierung des Grundgrabens haben begonnen. Am auffälligsten ist wahrscheinlich, dass nun einige Pappeln gefällt wurden. Ein guter Zeitpunkt, einmal bei Bürgermeister Johannes Leibold über das Projekt nachzufragen. Hier alle Infos aus erster Hand.

Am Grundgraben wurden die Pappeln als Teil des Projekts „Renaturierung Grundgraben“ am 20. Februar 24 gefällt. Hier sieht man noch das Holz vorm Abtransport. Im Hintergrund, gerodet, der künftige „Waldsaum“ bzw Magerrasen. (Foto: Rainer Gerhards)

Erstmals hier auf der Seite führe ich den Bericht in Form eines Interviews. Damit werden die Infos meiner Meinung nach authentischer. Als Gemeinderat kenne ich den Bürgermeister natürlich gut. Daher Duzen wir uns auch, was auch allgemein im Rat so üblich ist. Auch im Interview bleiben wir daher beim „Du“. Nun viel Spaß dabei.

Das Interview mit Johannes Leibold

Rainer Gerhards: Vielen Dank, Johannes, dass Du Dich auf des etwas ungewöhnliche Format des Interviews eingelassen hast. Es macht den meiner Meinung nach authentischer und auch lebendiger.

Johannes Leibold: Rainer, ich freue mich wirklich, hier zu sein. Das Interviewformat bietet uns eine großartige Gelegenheit, auf eine direkte und persönliche Art und Weise über unsere Projekte und Pläne zu sprechen. Es ist mir wichtig, transparent zu kommunizieren, und ich glaube, dass dieses Gespräch uns dabei helfen kann, die Bürgerinnen und Bürger von Großrinderfeld noch besser einzubeziehen und zu informieren. Also, lass uns loslegen.

Rainer Gerhards: Johannes, wie gestaltet sich das Konzept hinter den Renaturierungsmaßnahmen des Grundgrabens?

Johannes Leibold: Unser Ziel mit der Renaturierung ist es, die Natur wieder näher an ihren ursprünglichen Zustand heranzuführen. Indem wir den Grundgraben umgestalten und von der Straße weg verlegen, schaffen wir einen natürlicheren Wasserlauf, der nicht nur die Verkehrssicherheit verbessert, sondern auch wichtige Lebensräume für die Tierwelt, insbesondere den Biber, bietet. Die Entfernung der Pappeln entlang der Straße war ein notwendiger Schritt, um die Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig Raum für ökologisch wertvolle Bereiche zu schaffen.

Rainer Gerhards: Wie wirkt sich das Projekt auf die lokale Tierwelt aus?

Johannes Leibold: Die Renaturierung ist besonders für den Biber von Vorteil. Durch die Verlegung des Grabens geben wir ihm mehr Raum und minimieren das Risiko, dass er zukünftig die Straße untergräbt. Zudem schaffen wir durch die Umgestaltung der Landschaft neue Lebensräume für viele andere Tier- und Pflanzenarten.

Rainer Gerhards: Was bedeutet die Renaturierung für die Biodiversität in unserer Gemeinde?

Johannes Leibold: Durch die Schaffung von Magerrasenflächen und die Anlage kleiner Wasserflächen fördern wir aktiv die Biodiversität. Diese Maßnahmen verbessern nicht nur das ökologische Gleichgewicht, sondern tragen auch zur Grundwasserneubildung bei. Es ist ein umfassendes Konzept, das Naturschutz und Verkehrssicherheit vereint.

Nutzen von Ökopunkten und Landschaftsverbrauch

Rainer Gerhards: Johannes, kannst du uns genauer erklären, was es mit den Ökopunkten auf sich hat und wie sie im Rahmen der Renaturierung generiert werden?

Johannes Leibold: Gerne, Rainer. Ökopunkte sind quasi eine ökologische Währung, die wir durch Naturschutzmaßnahmen wie die Renaturierung des Grundgrabens sammeln. Durch die Aufwertung der Naturflächen, zum Beispiel durch die Anlage von Magerrasen oder die Schaffung neuer Lebensräume für den Biber, entstehen wertvolle Ökopunkte, die wir dann für zukünftige Projekte einsetzen können.

Rainer Gerhards: Wie können diese Ökopunkte konkret für die Gemeinde Großrinderfeld genutzt werden?

Johannes Leibold: Diese Punkte sind extrem wertvoll für uns, besonders wenn es darum geht, neue Baugebiete oder öffentliche Einrichtungen wie eine KiTa mit Schulhort zu planen. Normalerweise müssten wir dafür andere Ausgleichsflächen schaffen, was oft den Verbrauch wertvollen Ackerlandes bedeutet. Mit den Ökopunkten können wir diese Ausgleichsmaßnahmen quasi „bezahlen“, ohne zusätzliches Land in Anspruch nehmen zu müssen.

Rainer Gerhards: Welchen Vorteil bietet das System der Ökopunkte für die lokale Landwirtschaft?

Johannes Leibold: Das ist ein wichtiger Punkt. Indem wir weniger Ackerland für Ausgleichsflächen verbrauchen, unterstützen wir direkt unsere Landwirte. Die Renaturierung des Grundgrabens ist ein hochwertiges Projekt, das uns erlaubt, mit weniger Fläche mehr zu erreichen. Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern schützt auch die Interessen der Landwirtschaft in unserer Gemeinde.

Rainer Gerhards: Gibt es schon konkrete Pläne, wie die Ökopunkte für zukünftige Projekte eingesetzt werden sollen?

Johannes Leibold: Ja, wir haben bereits einige Projekte im Blick, für die wir die Ökopunkte einsetzen möchten. Dazu gehören neben der bereits erwähnten neuen KiTa auch Wohngebiete, die wir nachhaltig entwickeln wollen. Mit den Ökopunkten können wir diese Projekte umweltverträglich und im Einklang mit den naturschutzrechtlichen Vorgaben realisieren. Es ist ein großartiges Instrument, das uns hilft, Großrinderfeld nachhaltig und zukunftsorientiert zu gestalten.

Mehrwert der Renaturierung für Großrinderfeld

Blick auf die Renaturierungsfläche im unteren Bereich des Grundgrabens, nahe der Autobahn-Unterführung. Auch hier wurde die Feldhecke reduziert, um einer Art Waldsaum und Magerrasen Raum zu bieten. (Foto: Rainer Gerhards)

Rainer Gerhards: Welchen Mehrwert bietet dieses Renaturierungsprojekt für die Gemeinschaft in Großrinderfeld?

Johannes Leibold: Die Renaturierung verbessert nicht nur das Landschaftsbild, sondern leistet auch einen essentiellen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt in unserer Region. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen sich auf eine Bereicherung unseres Ökosystems freuen, die zugleich unsere natürliche Umgebung aufwertet. Dieses Projekt ist ein bedeutsamer Schritt hin zu einer dauerhaften und umweltfreundlichen Entwicklung in Großrinderfeld.

Rainer Gerhards: Johannes, ich möchte dir für die umfassenden Einblicke danken. Es ist offensichtlich, dass die Renaturierung weit über eine einfache landschaftliche Veränderung hinausgeht. Was bedeutet dieses Projekt für die Zukunft von Großrinderfeld?

Johannes Leibold: Dieses Projekt ist ein Symbol für unser Engagement im Bereich des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung. Es zeigt, dass wir aktiv an Lösungen arbeiten, um unsere Natur zu bewahren und gleichzeitig die Bedürfnisse unserer Gemeinde zu berücksichtigen. Ich bin zuversichtlich, dass die positiven Effekte dieser Maßnahmen in den nächsten Jahren sichtbar werden und freue mich darauf, diese Entwicklungen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu erleben. Herzlichen Dank für die Gelegenheit, hierüber zu sprechen.

Das Interview wurde am 21.02.2024 geführt.