Vorab: bemerkbar war das Ganze nicht, es gibt keine gravierenden Folgen und die Übertragungsnetzbetreiber haben das Problem schnell und gut gelöst. Auslöser war ein französisches Kernkraftwerk. Bemerkenswert ist der Vorfall daher insofern, dass als Risiko oft der „grünen Zufallsstrom“ genannt wird. Wie der Fall zeigt, können auch klassische Großkraftwerke ein Problem sein.

Blick auf die Reaktorblöcke des Atomkraftwerk Paluel in Frankreich (Foto: wikimedia, zugeschnitten von Rainer Gerhards, Lizenziert nach CC)

Warum ist das Ganze eine Nachricht wert?

Gravierendes passiert ist, wie gesagt, also nichts. So weit, so gut. Nachrichtenwert erhält das Ereignis daher, dass hier zwei Großkraftwerksblöcke zur Netzstörung geführt haben. In der öffentlichen Diskussion werden solche Störungen schnell immer den erneuerbaren Energien zugeschrieben. Und gerade Kernkraftwerke als sicheres „Bollwerk“ gegen solche Ereignisse angepriesen.

Allein aus diesem Grund ist es wichtig, die wahre Ursache des Vorfalls zu benennen: nur so lassen sich womöglich sonst in den nächsten Tagen aufkommende Fake-News von vorneherein begegnen.

Selbstverständlich können auch Großkraftwerke Störungen haben. Da sie sehr viel Leistung einspeisen, wirkt sich eine Störung gerade eines solchen Kraftwerks auch deutlich stärker auf das Netz aus, wie der Ausfall beispielsweise eines, auch großen, Solarparks. Störungen gab es natürlich auch schon immer. Daher verfügen die Netzbetreiber auch über einen umfangreichen Satz von Werkzeugen, um diesen zu begegnen. Und sehr viel Erfahrung. Richtig ist aber auch, dass Eingriffe zugunsten der Netzstabilität häufiger werden.

Was war passiert?

Wie der Netzfrequenzinfodienst gestern unmittelbar berichtete, gab es einen beachtlichen Abfall der Frequenz des Stromnetzes am Freitag, 3. November um 16:47 Uhr. Dazu muss man wissen, dass die „Netzfrequenz“ in einem schmalen Bereich um 50 Hz gehalten werden muss. Oder, „griffig“ ausgedrückt: die Frequenz sollte immer gleich bleiben. Ganz kleine Abweichungen sind normal, größere Abweichungen deuten Probleme an. Die gestrige Abweichung war etwas größer als normal (so etwas gab es dieses Jahr noch nicht), aber noch weit entfernt vom kritischen Bereich.

So sah der Frequenzabfall in der Warnmeldung des Netzfrequenzinfodienst aus. Anschließend sieht man einen Wieder-Anstieg durch Maßnahmen der Netzbetreiber. (Grafik: Netzfrequenzinfodienst lizenziert nach CC-BY-NO-SA)

Die Übertragungsnetzbetreiber, in Baden-Württemberg die Transnet BW, überwachen die Netzfrequenz und ergreifen bei Störungen Gegenmaßnahmen. Zum Beispiel die schnelle Anschaltung von weiteren Kraftwerken oder sonstigen Reservequellen. Das ist auch gestern geschehen und hat, wie üblich, gut geklappt. Daher ist die Störung auch von keinem Haushalt bemerkt worden. Dazu brauchte es entsprechende Messeinrichtungen.

Was war die Ursache der Störung?

Die Ursache lag im Ausfall zweier Reaktorblöcke des französischen Atomkraftwerk Paluel. Laut der europäischen Transparenzplatform ENTSO-E kam zunächst um 16:44 zu einer nicht näher beschriebenen Störung und Abschaltung im Block Paluel 3. Um 16:45 wurde dann Paluel 2 abgeschaltet, wegen eines Störung im Einspeisenetz („Failure on the grid upstream the plant“). Man darf spekulieren, dass diese Störung ein Folgefehler der ersten Abschaltung war. Die Wiederanschaltung ist aktuell (4.11. 16:23) für den 6.11. bei Paluel 3 und 13.11. bei Paluel 2 geplant.

Weitere Informationen über die Art der Störung liegen mir aktuell nicht vor. Ich werde ggf. ergänzen, sollte ich weitere Informationen zur Ursache erhalten.

Störungen in französischen Kernkraftwerken sind leider nicht selten. Teile der dortigen Kraftwerksflotte sind auch immer noch wegen technischen Schwierigkeiten (insb. Korrossion) ausser Betrieb. Paluel, wie viele der dortigen Atomkraftwerke wurden in den 1970 Jahren erbaut und ging 1984 in Betrieb. Die Reaktoren hatten ursprünglich eine Betriebsgenehmigung für 40 Jahre. Die wurde von der französischen Regierung aber 2020 auf 50 Jahre verlängert. Auch in Paluel gab es laut Wikipedia eine Reihe von Zwischenfällen. So kam es in der Vergangenheit durch saisonale Algenbildungen im Ärmelkanal zur Blockierung des Kühlwasserzulaufs, draus resultierenden Kühlproblemen und in Folge automatischen Schnellabschaltungen.

Quellen: