Ein Vergleich der drei Bundesländer ist im Hinblick auf die Strategie zur Corona-Bekämpfung recht interessant: NRW steht für rasche und weitgehende Lockerungen, Bayern für ein strenges Vorgehen mit behutsamen Lockerungsschritten. Baden-Württemberg liegt nahe bei Bayern, lockert aber etwas schneller. Was sagen die Fallzahlen dazu?

Die Corona-Neuinfektionen der letzten 7 Tage im Vergleich zwischen Baden-Württemberg, Bayern und NRW. Gezeigt wird die Inzidenz, also die Anzahl der Fälle je 100.000 Einwohner. Betrachtet werden die jeweils letzten 30 Tage. Klick auf die Grafik zeigt eine größere Ansicht. (Grafik: Rainer Gerhards, Daten: RKI)

Zum Stand der Erstellung dieses Artikels (20.05.2020) erkannt man recht deutlich, dass NRW früher den positiven Abwärts-Trend bei den Corona-Neuinfektionen verlässt als die beiden Südländer. Ab dem 29.04. ist der Trend klar erkennbar. Trotz etwas früherer Lockerungen scheint Baden-Württemberg teilweise einen positiveren Trend aufzuweisen als Bayern.

Beide Südländer liegen aber nahe beieinander, so dass man hier im wesentlichen statistische Verzerrungen (z.B. Meldeverzögerung) oder kleine Schwankungen vermuten kann.

Einzelne Corona-Großereignisse

Zu NRW sei angemerkt, dass gerade im Mai einige größere lokale Probleme, z.B. mit Schlachthöfen, zu vermelden waren. Gleiches war aber auch in Baden-Württemberg der Fall und in Bayern gibt es zumindest in den letzten Tagen auch Fälle. Von daher sollte der Effekt nicht überschätzt werden.

Spannend wird es in den nächsten Wochen, wenn ab 8. Juni in NRW beispielsweise die Kitas wieder für alle Kinder geöffnet werden sollen, bei nur leicht abgespecktem Stundenkontingent. Hier könnte NRW als Vorreiter wichtige Hinweise darauf geben, wie sich solche Maßnahmen tatsächlich auswirken.

NRW war auch schnell bei Corona-Gegenmaßnahmen

Übrigens: NRW ist nicht nur schnell mit Lockerungen. Als seinerzeit zuerst sehr stark betroffenes Land war man dort auch sehr schnell mit umfangreichen Schließungen. So hat man Schulen und Kitas vor allen anderen Bundesländern geschlossen. Betrachtet man die Fallzahlen seit Anfang der Corona-Krise, so kann man die frühen Corona-Gegenmaßnahmen als Erfolg verbuchen:

Fallzahlen der Bundesländer seit 1. März 2020. Seitdem hat sich die Corona-Krise erst richtig entwickelt. (Grafik: Rainer Gerhards, Daten: RKI)

Interessant ist, dass NRW auch niemals die heute als ausreichend genannte Grenze von 50 Neuinfektionen pro 7 Tage und 100.000 Einwohner auch nur angekratzt hat: das Maximum liegt knapp über 35. Daraus lassen sich auch durchaus Zweifel daran ableiten, ob der Wert von 50 nicht wirklich zu hoch angesetzt ist.